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Wie Jugendliche die Zukunft sehen: Alles immer schneller? Manchmal liegt der Witz in der Langsamkeit

Natürlich kann man sich alles kaufen, Klamotten kosten sowieso nicht viel. Heute muss keiner mehr Socken stopfen oder Trotzdem fühlt Kira, 16, sich mit selbst Gemachtem viel mehr verbunden als mit Gekauftem.

Wieso begeistern sich heute wieder so viele für Stoff und Nähmaschine? Wieso fangen wir wieder an Schnittmuster zu erstellen, wobei es doch deutlich einfacher ist und meist auch noch günstiger, Dinge einfach fertig im Laden oder im Internet zu kaufen? Und schneller geht es auch noch. Aber für mich ist gerade das der Grund zu nähen. Weil es eben nicht schnell geht. Obwohl es mich so manches Mal zur absoluten Verzweiflung bringt.

Die Verzweiflung kommt immer dann bei mir auf, wenn der Faden einfach nicht einzufädeln ist oder der Stoff nicht so will wie ich. Das Schlimmste ist aber, wenn das erste Mal die Nadel bricht und man glaubt, dass gesamte Ding zerlegt zu haben, weil wirklich nichts mehr funktioniert. Ärgerlich ist es auch, wenn ich aus Versehen die falschen Teile aneinander genäht habe und alles wieder einzeln auftrennen muss.

Aber all das dachten sich wahrscheinlich die Anfänger aller Generationen. In früheren Zeiten hat man ja nicht unbedingt aus Freude genäht, sondern weil man möglichst sparsam leben musste. Es wurde geflickt, repariert, neu zusammengestellt, um ein Kleidungsstück möglichst lange erhalten zu können. Man dachte nicht gleich beim ersten Loch ans Wegschmeißen. Heute flicken wir meist nur noch die unersetzliche Lieblingsjeans. Und eigentlich bin ich froh, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist und die Socken nicht mehr gestopft werden müssen.

Wenn ich freitagnachmittags mein Lieblingsnähbuch durchblättere, finde ich mit Sicherheit eine weitere Tasche, die ich unter allen Umständen nähen muss. Als Anfängerin dauert es meist eine ganze Weile, bis ich das Schnittmuster abgepaust und den Stoff zugeschnitten habe. Doch wenn alles vorbereitet ist und ich endlich anfangen kann, macht es einfach nur noch Spaß. Bei lauter Musik und hochkonzentriert tauche ich ab und vergesse die Zeit. Und wenn die Tasche fertig ist, freue ich mich wahnsinnig. Ich empfinde Stolz, etwas ganz Eigenes genäht zu haben. Meine Wertschätzung ist ganz anders als gegenüber Gekauftem, weil ich mich mit selbst gemachten Dingen viel stärker verbunden fühle.

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