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Wir müssen REDEN: Lass uns Freunde bleiben!

Wann wusstet ihr, dass es vorbei ist? Das fragten wir Elena Senft und Ric Graf vorige Woche. In der letzten Folge unserer Kolumne haben sie sich gegenseitig Abschiedsbriefe geschrieben.

Lieber Ric,

ich weiß immerhin noch genau, wann es anfing mit uns und wie. Eigentlich kann man sagen, wir hatten ein Blind Date. Das hört sich auch spannender an als ein „Arbeitstreffen“. Es war vor zwei Jahren und wir hatten uns im „Hefner“ in Charlottenburg verabredet, um über „Wir müssen reden“ zu reden. Eine neue Kolumne, unsere Kolumne. Wir saßen ungefähr eine halbe Stunde jeder an einem anderen Tisch und erkannten uns nicht. Du drinnen, ich draußen. Als du dich schließlich zu erkennen gabst, habe ich mich sofort gefreut. Am Ende des Abends war ich betrunken und hatte wieder angefangen zu rauchen. Darüber wiederum hast du dich gefreut.

Bereits hier zeichnete sich ab, dass dein Einfluss auf mich nie der Beste war. Denn das Männerbild, das du mir vermittelt hast, wies an vielen Stellen grobe Mängel auf. Aus zwei Jahren Fragen und Antworten kann ich aus deinen Aussagen subsumieren, dass du gerne per SMS Schluss machst, dass du dich nach One-Night-Stands davonschleichst, dass du oft nicht zuhörst und dass bei dir oft kein Geld aus dem Automaten kommt. Du scheust Verantwortung, hast Affären und ständig einen Kater. Zu diesen ernüchternden Einblicken kamen die Erfahrungen außerhalb der Texte: Von den etwa 300 Malen, die ich dich in den letzten zwei Jahren angerufen habe, bist du nur ungefähr jedes dritte Mal überhaupt ans Telefon gegangen. Zurückgerufen hast du auch nicht besonders oft. Ein verstörendes Bild männlicher Zuverlässigkeit. Des Weiteren hast du mir vermittelt, dass Pete Doherty angeblich ein unheimlich cooler Typ ist, was meinen Eltern bestimmt nicht gefallen würde.

Ich glaube, ich war allerdings nicht besser, denn bei dir dürfte hängen geblieben sein: Ich kann wahnsinnig nett sein, auch wenn ich jemanden richtig schrecklich finde. Ich bin wegen allem sauer, ich würde vor deinen Freunden herzlich mitlachen, wenn deine Witze auf meine Kosten gingen, und dir zu Hause die schlimmste Szene machen, die du jemals erlebt hast. Auch diese Schwiegertochter wäre in deinem Elternhaus sicher nicht gern gesehen. Vertrauenstiftende Maßnahmen in das weibliche Geschlecht hören sich anders an. Ric, es ist Zeit zu gehen.

Ich weiß schon seit einiger Zeit, dass es bald vorbei ist. Richtig bewusst wurde es mir allerdings trotzdem erst letzte Woche. In der Vorwoche hattest du gefragt, ob ich schon mal abhauen wollte. Ich hatte meinen Antworttext bereits verfasst (und von meiner Liebe zu Vorschriften und Regeln schwadroniert), zu dem ich mir das Fotomotiv eines Verbotsschilds vorstellte. Ich hatte aber kein Foto und zog deswegen, wie so oft in den letzten zwei Jahren, morgens los, um jemanden zu suchen, der ein Foto von mir macht. Es war früh, die Straßen waren leer, nur ein Betrunkener, der die morgendliche Happy Hour ausnutzte, torkelte aus einer Neuköllner Kneipe. Ich hasste „Wir müssen reden“. Der Mann hielt das Display meiner Kamera sehr nah an sein Gesicht und fragte, wo er denn bitte durchgucken müsse, um ein Foto von mir zu machen. Er verstand außerdem nicht, warum wir nicht lieber ein schöneres Motiv suchen könnten als ein Verkehrsschild. Vielleicht hinter der Bar in den Reuterstuben, vielleicht auch mit etwas weniger Kleidung. Er kam sehr nah heran und machte Komplimente. Bei der nächsten Staffel von Germany''s Next Topmodel sollte diese Idee Pate stehen, denn das ist ein Shooting mit echtem Schwierigkeitsgrad.

Dann war das Foto fertig. Der Besoffene fragte: „War’s das jetzt?“ Ich antwortete: „Ja, das war’s jetzt.“ Dann ging ich ein bisschen traurig nach Hause. Jetzt ist es vorbei mit uns. Zumindest auf dem Papier. Und hoffentlich nur auf dem Papier. Also, bitte, wenn ich dich das nächste Mal anrufe: Geh ran! Alte Freundschaftspflichten verjähren nämlich nicht.

Deine Elena

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