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Update

Wetter in Deutschland: Wahre Sonne kommt von innen

So viel Regen gibt es selten – normalerweise fällt diese Menge in zwei Monaten. In Greifswald kämpfen die Einsatzkräfte gegen die Wassermassen.

Lange hat es nicht mehr so viel Regen gegeben. Nördlich und südöstlich Berlins fielen seit dem frühen Donnerstagmorgen bis zu 140 Liter pro Quadratmeter. Das ist mehr als die doppelte Menge, die gewöhnlich im ganzen Juli fällt. Der langjährige Durchschnitt für diesen Sommermonat liegt bei 60 Litern. Selbst für Berlin registrierten die Meteorologen der Freien Universität zwischen Donnerstag- und Freitagmittag 30 Liter Regen pro Quadratmeter. „Das sind schon extreme Mengen, die es im Sommer nur alle 10 bis 15 Jahre gibt“, sagt der FU-Wetterfachmann Werner Wehry. „Dennoch ist es keine katastrophale Situation.“ Die Folgen seien beherrschbar.

Unwetter und starke Regenfälle halten in Mecklenburg-Vorpommern die Einsatzkräfte in Atem. Allein in Greifswald sind weiterhin Straßen wegen Überschwemmungen gesperrt, wie die Feuerwehr am Samstag mitteilte. Da die Entwässerungsgräben den anhaltenden Niederschlag nicht mehr aufnehmen können, sind weitere Sperrungen möglich.

Auch die Einsatzkräfte der Feuerwehr in Neubrandenburg pumpten die ganze Nacht über Keller leer und beseitigten umgestürzte Bäume. Zwar hat der Deutsche Wetterdienst seine Unwetterwarnung am Morgen aufgehoben. Es wird aber weiterhin vor Dauerregen bis in die Abendstunden gewarnt.

Man könne die häufigen und kräftigen Niederschläge durchaus der Siebenschläfer-Regel zuordnen, meint Wehry. Schließlich sei Anfang Juli das Wetter „umgekippt“. Demnach bleiben die Aussichten wohl noch eine ganze Weile eher betrüblich. Erst Mitte August könnte der Sommer wieder seinem Namen alle Ehre machen.

Bis dahin müssen vor allem die Anrainer der Flüsse im östlichen Sachsen sowie im südlichen Brandenburg die Niederschlagsmengen mit Sorge verfolgen. Bereits am Freitag musste an der Lausitzer Neiße in Görlitz die zweithöchste Alarmstufe 3 ausgerufen werden. Der Wasserstand lag bei rund 5,40 Metern. Im letztjährigen August konnte das immerhin etwa sieben Meter hohe Flussbett die Wassermassen nicht mehr fassen, sodass Teile der historischen Innenstadt überschwemmt wurden. Damals war im nahen polnischen Wittka der Damm eines Staudammes gebrochen. Diesmal wollen die Behörden eine ähnliche Entwicklung verhindern. Seit dem gestrigen Freitag lassen sie große Mengen Wasser aus dem Stausee in die Neiße abgehen.

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Derzeit rechnet das sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie für Görlitz nicht mit einer vergleichbaren Lage wie vor elf Monaten. „Wir werden wohl nur kurzzeitig die höchste Alarmstufe ausrufen müssen“, sagte eine Sprecherin am Freitag. Dennoch befinden sich Feuerwehren und zuständige Behörden der Grenzstadt in Alarmbereitschaft, um mit Sandsäcken mögliche Schadstellen in den Deichen auszubessern. Sachsen und Brandenburg profitieren derzeit noch vom sehr trockenen Juni. Dadurch führten die Flüsse und Bäche zumindest bis Mittwoch vergleichsweise wenig Wasser und konnten große Regenmengen aufnehmen. Außerdem konnte der Boden viel Feuchtigkeit aufnehmen. „Dieser Vorteil besteht jetzt nicht mehr“, hieß es von der südlichen Regionalabteilung des Brandenburger Landesumweltamtes. „Wir müssen also sehr genau die Entwicklung der nächsten Tage abwarten, zumal die Meteorologen weiter Niederschläge angekündigt haben.“

Für die Spree oberhalb der Talsperre Spremberg rief das Landesumweltamt die Alarmstufe 2 aus. In Spremberg stehen die Brücken unter genauer Beobachtung, um mögliche Barrieren aus Stämmen, Ästen und Zweigen sofort zu beseitigen. „Mit steigenden Pegeln muss auch an den großen Flüssen Oder und Elbe in den nächsten Tagen gerechnet werden“, sagte Brandenburgs Umweltstaatssekretär Daniel Rühmkorf. „Eine so ernste Lage wie am Anfang des Jahres ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand aber nicht zu erwarten.“ An der Oder habe das Eis im Januar Deiche geradezu „rasiert“. Diese Schadstellen würden gerade behoben. Besonders an der Oder werden die derzeit noch langsam steigenden Pegel mit Aufmerksamkeit verfolgt. Es genügt ein Blick auf den Kalender, um sich an dramatische Abwehrkämpfe gegen die Fluten zu erinnern.

Am 23. und 24. Juli 1997 – und damit auf den Tag genau vor 14 Jahren – waren die Deiche in der Ziltendorfer Niederung südlich von Frankfurt gebrochen. Im weiter nördlich gelegenen Oderbruch konnte die Bundeswehr mit aus Hubschraubern abgeworfenen Sandsäcken eine Katastrophe gerade noch verhindern. Die Flut war damals durch eine sogenannte Vb-Wetterlage, bei der starke Niederschläge vom Mittelmeer um die Alpen herum ins Einzugsgebiet der Oder im polnisch-tschechischen Grenzgebiet geführt werden, ausgelöst worden. Auch diesmal gab es in dieser Region wieder starke Niederschläge. „So schlimm wie 1997 dürfte es aber nicht werden“, beruhigte Professor Matthias Freude, Chef des Brandenburger Landesumweltamtes.

„Wahre Sonne kommt von innen“ – wer Sprüche dieser Art nicht mehr aushalten will, fährt am besten nach Spanien – oder nach Griechenland. (mit dapd)

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