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Wetter und Klima: Deutschland sitzt auf dem Trockenen

Auch wenn ab und zu Gewittergüsse durchziehen - Deutschland erlebt den wasserärmsten Frühling seit 1893. Bauern erleiden dramatische Ernteausfälle, Flusspegel sinken extrem.

Soweit Wetter vorhersagbar ist, erwartet zumindest die nördlichen Teile Deutschlands wieder ein sonniges trockenes Wochenende. Denn die Niederschlagsfront, die aktuell über Deutschland zieht, ist nach Auskunft der Experten vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach nur eine kleine. Aber während die Vorhersage ein prächtiges Himmelfahrtswochenende verspricht, sind sie für viele Landwirte ein Menetekel.

Schwere Böden wie Lehm sind zu Teilen bereits rissig. Anderen landwirtschaftlichen Flächen sieht man es zwar nicht an, aber auch dort gedeihen die Pflanzen unter den trockenen Bedingungen nicht. Im Mai waren die Pegel der meisten deutschen Flüsse so niedrig wie seit etwa 100 Jahren nicht mehr zu dieser Jahreszeit. Deutschland erlebt nach den ersten Messergebnissen den trockensten Frühling seit 1893.

„Für die Landwirtschaft ist das ein Katastrophenjahr“ urteilt der Leiter der agrarmeteorologisch Forschungsstelle des DWD, Franz-Josef Löpmeier. Die Wintergetreide wie Raps oder Winterweizen hätten bereits schwer gelitten. Jetzt erwische die Trockenheit auch die Sommergetreide, Kartoffeln oder Rüben. In Süddeutschland bestehe noch die Hoffnung, dass das Wochenende und die kommende Woche mit Niederschlägen die nächste Ernte retten. Für das nördliche Deutschland aber sehen Löpmeiers Kollegen vom DWD keine Linderung aus den Wolken.

Am trockensten war es den Messungen zufolge in der Mitte Deutschlands: im südlichen Rheinland-Pfalz, im nördlichen Baden-Württemberg, in Hessen, in Unterfranken und im südlichen Thüringen. Den meisten Regen erhielten noch die Gebiete am unmittelbaren Alpenrand. Im bundesweiten Durchschnitt fallen in den Frühlingsmonaten März, April und Mai normalerweise 186 Liter Regen pro Quadratmeter. In diesem Jahr wurden gerade mal 88 Liter auf den Quadratmeter gemessen. Berlin lag dabei noch unter dem diesjährigen Mittel, mit gerade mal 79 Litern, auch Brandenburg kam nur auf 78 Liter.

Neben Rheinland-Pfalz war Berlin mit einem Mittelwert von 11,1 Grad Celsius auch das zweitwärmste Bundesland. Brandenburg lag mit 10,4 Grad Celsius leicht über dem Bundesdurchschnitt von 10,1 Grad. Der langjährige Durchschnitt liegt um 2,4 Grad darunter: 7,7 Grad Celsius. Allerdings war es 2007 mit 10,6 Grad noch wärmer. Auch die Sonnenscheinmessung erreichte einen Rekordwert. Im Frühling 2011 schien 699 Stunden lang die Sonne, der Durchschnitt liegt bei 459 Stunden.

Für die Bauern ist die extreme Trockenheit schon die dritte Plage in Folge. „Erst hatten wir die Überschwemmungen im Herbst“, sagt Agrarmeteorologe Löpmeier, „dann große Frostschäden beim Wein, bei Erdbeeren, Kartoffeln und Raps“. Und jetzt die Dürre. Zahlen über die Auswirkungen für die Ernte kann der Deutsche Bauernverband (DBV) noch nicht nennen. Laut DBV-Sprecherin Anni Neu sind die Ausfälle aber „dramatisch“. „Wir rechnen mit Ertragseinbußen im zweistelligen Bereich.“

Auch die Obstbäume leiden derzeit, gerade junge Bäume, deren Wurzeln noch nicht ans Grundwasser reichen. „Mal ein Starkregen hilft den Landwirten und auch der Natur jetzt aber gar nicht“, sagt Marc Franusch, Sprecher der Berliner Forsten. Infolge des Klimawandels müssten die Bauern und Forstwirte künftig mit weniger Niederschlägen während der Vegetationsperiode rechnen, aber mit mehr Nässe im Herbst und im Winter. „Das ist eine ungünstige Verteilung.“

Ob auf den Äckern und Feldern oder in den privaten deutschen Gärten: Die Natur leidet unter der Dürre. Und den Dürreschädlingen. In diesem Jahr klagen viele Grundstücksbesitzer und Forstleute besonders über den Eichenprozessionsspinner. Seine Raupe spinnt dicke weiße Ballen als Nester, und eine Raupe nach der anderen klettert mit ihren für den Menschen hoch allergenen Brennhärchen den Eichenbaum auf und ab. Hitze und Trockenheit gefällt auch der Forleule, dem Frostspanner und dem Eichenwickler. Das sind alles Schmetterlingsraupen, die die Eichenkronen jetzt kahl fressen. Alles leer, wie im Herbst sieht das aus. „Die Bäume können später noch mal Triebe ausbilden, aber dafür muss man sie jetzt gießen, damit sie überhaupt Nährstoffe bekommen“, sagt Barbara Jäckel vom Pflanzenschutzamt Berlin. Bis zu 40 Liter braucht jeder Baum.

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