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Panorama: Wetter zum Kopfzerbrechen

Millionen Deutschen dröhnt bei Hitze der Schädel – schuld daran sind vor allem Schwüle und Gewitter

Mit teilweise über 30 Grad im Schatten zeigt sich der Juni derzeit von seiner besten Seite. Wer kann, tummelt sich jetzt im Park, am See oder im Freibad. Doch nicht für alle Menschen ist die Hitzewelle ein Grund zur Freude: Manch einem machen dröhnende Kopfschmerzen den Sommer zur Hölle.

„Die Hitze belastet den Kreislauf vieler Menschen enorm“, sagt der Biometeorologe Peter Höppe von der Universität München. So fühlt sich gerade fast jeder schlaff, unkonzentriert oder gereizt. Kaum einer hat Lust, zu arbeiten. Von den Kopfschmerzen sind besonders diejenigen betroffen, die auch sonst dafür anfällig sind.

Das sind nicht wenige: Jeder Zehnte in Deutschland leidet zumindest hin und wieder unter Migräne. Für diese insgesamt acht Millionen Menschen hatte der Deutsche Wetterdienst dieser Tage schlechte Nachrichten: „Die Neigung zu Migräne und Kopfschmerzen ist wetterbedingt erhöht“, hieß es es in der Biowettervorhersage.

Dabei ist es nicht in erster Linie die Hitze, die einem zu Kopfe steigt. „Klares und sonniges Wetter macht eigentlich den wenigsten zu schaffen“, sagt Hartmut Göbel, Migräne-Experte und Direktor der Neurologischen Schmerzklinik der Universität Kiel. „Aber wenn es schwül wird und sich Gewitterfronten aufbauen, dann ist das gleich für viele Menschen sehr belastend.“

Häufig ist es also ein schneller Wetterumschwung, der für das Kopfweh verantwortlich ist. Das hat seinen Grund: Der Körper kann Temperatur, Wasserhaushalt, Herzfrequenz und Blutdruck so schnell nicht anpassen, das Zentralnervensystem spielt verrückt. „Es schüttet dann Botenstoffe zu schnell aus, es ist überaktiv“, sagt Göbel.

Was genau an dem Wetter aber die zentrale Schaltstelle unseres Körpers stört, ist nicht klar. Die hohe Temperatur? Der Luftdruck? Die Luftfeuchtigkeit? Die Biometeorologen vermuten, dass es eine Mixtur aus allem ist. Eine Untersuchung des Instituts für Umwelthygiene des Uniklinikums Freiburg konnte in der Tat einen Zusammenhang zwischen Wetter und Kopfschmerzen nachweisen – besonders für labile Wetterlagen im Sommerhalbjahr. „Das Wetter selbst macht aber nicht krank“, sagt Göbel. „Es wirkt lediglich als ein Auslöser für anfällige Menschen.“

Nicht nur der Kopf leidet, sondern auch der Kreislauf. Hier ist es die pure Hitze, die den Körper ins Schwitzen bringt. Denjenigen, die sowieso schon eine Herz- oder Kreislaufschwäche haben, geht es besonders schlecht. „Während einer Hitzewelle kann sich die Sterberate in Deutschland um zehn bis 15 Prozent erhöhen“, sagt Höppe. Es trifft vor allem alte Menschen.

Der Kreislauf ist das Kühlsystem des Körpers. Das Herz pumpt das Blut durch den Körper bis an die Hautoberfläche, wo es die überschüssige Wärme über den Schweiß abgibt. Dies wird bei großer Hitze dadurch erleichtert, dass sich die Adern erweitern. Das hat seinen Preis: Der Blutdruck sinkt, das Herz muss schneller schlagen, es wird stark beansprucht. Geht außerdem mit dem Schweiß viel Flüssigkeit verloren, verdickt sich das Blut. Durchblutung und Sauerstoffversorgung verschlechtern sich, der Organismus läuft heiß. „Schwindel und Übelkeit sind also ein Warnsignal dafür, dass der Körper regelrecht austrocknet“, sagt Höppe. Ergo: Wer viel Wasser trinkt und körperliche Anstrengungen meidet, dem kann das Wetter nicht so viel anhaben. Das hilft auch gegen die Kopfschmerzen. Denn wenn der Kreislauf nicht aus dem Gleichgewicht gebracht wird, dann wird auch seine Steuerzentrale im Nervensystem nicht überfordert. Müdigkeit und ein schwerer Kopf mögen also ein Grund für Hitzefrei sein – sie sind aber oft vermeidbar.

Elke Binder

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