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Panorama: Wieder neue Salmonellenfälle in Fuldaer Klinik

Zahl der Infizierten ist auf 251 gestiegen Klinikchef wegen Krisenmanagement unter Druck

Bei den Verantwortlichen des Klinikums Fulda liegen die Nerven blank. Vor allem beunruhigt sie, dass die Zahl der Infizierten weiter wächst, ohne dass sie auch nur im Ansatz eine Erklärung für die ungewöhnliche Salmonellenepidemie hätten. Am Samstag kamen neun Salmonellen-Kranke hinzu, darunter befinden sich zwei Mitarbeiter. Damit erhöht sich die Zahl der festgestellten Erkrankungen im Fuldaer Klinikum auf 228 Betroffene (143 Patienten und 85 Mitarbeiter). Hinzu kommen 23 erkrankte Bewohner des Fuldaer Heilig-Geist-Altenheims, das von der Klinikküche versorgt worden war. Die Zahl der Todesfälle hat sich gestern nicht erhöht. Drei Patienten in Fulda sind bislang an Salmonellen gestorben. Bei fünf weitere Patienten, die im Klinikum starben, wurden Salmonellen nachgewiesen, ohne dass diese den Tod verursacht hätten.

Weil die Ursache sich nicht finden lässt und seit Ende April ständig neue Fälle hinzukommen, wird mittlerweile Sabotage nicht mehr ausgeschlossen. „Wir haben dafür keinen konkreten Anhaltspunkt. Aber wir ziehen alles in Betracht und ermitteln in alle Richtungen – auch in Richtung Sabotage“, sagt Heiko Wingenfeld (CDU), Gesundheitsdezernent im Landkreis Fulda. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Klinik, Oberbürgermeister Gerhard Möller (CDU), gibt zu, er habe die Möglichkeit einer Sabotage „im Hinterkopf“, auch wenn es dafür bislang keinen konkreten Beleg gebe.

Klaus-Dieter Zastrow, Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, hatte gesagt, Salmonelleninfektionen bekomme man eigentlich leicht in den Griff. Würden die bekannten Vorsichtsmaßnahmen eingehalten, bleibe nur Sabotage als mögliche Ursache. Gegenüber den Verantwortlichen des Klinikums relativierte er gestern sein Urteil und sagte, dies sei keine Kritik an den Maßnahmen des Klinikums Fulda. Für ihn bleibe die Häufung an Infektionen aber unerklärlich.

Der Vorstandvorsitzende des Klinikums Claus-Dieter Schad (51), der am Freitag bei der Frage nach Sabotage noch gewitzelt hatte, „sollen wir vielleicht jetzt nach Osama bin Laden suchen?“, geriet am Samstag erheblich unter Druck. Schad, seit 1997 an der Spitze des Fuldaer Klinikums, wird vorgeworfen, Anfang Mai einen einwöchigen Griechenlandurlaub angetreten zu haben, obwohl Patienten und Mitarbeiter erkrankt und die Ursachen der Epidemie ungeklärt waren. Oberbürgermeister Möller stellte sich hinter dem Vorstandschef. Es gebe keinen Grund, über eine Ablösung Schads nachzudenken, „während der laufenden Krise schon gar nicht.“

Die Fuldaer Grünen forderten bereits Schads Rücktritt, weil dieser die Öffentlichkeit spät und widerwillig informiert habe. Der Versuch der Klinikleitung, die Infektionswelle geheim zu halten, habe die unübersehbaren Auswirkungen erst verursacht. Der Rücktritt solle den Vertrauensverlust für das Klinikum mindern, meinen die Grünen. Die SPD schließt sich der Rücktrittsforderung nicht an. „Über solche Forderungen entscheiden wir, wenn alle Sachverhalte geklärt sind“, sagte Rainer Götz, Vize-Fraktionschef im Stadtparlament und Mitglied im Klinik-Aufsichtsrat. Allerdings gebe es noch „eine weitere höchst irritierende Tatsache, die der Aufklärung bedarf“, sagte Götz. Dabei geht es um mögliche persönliche Interessen Schads bei der Auftragsvergabe des Klinikums. Schad ist – nach eigenen Angaben ohne Bezahlung – auch Geschäftsführer des Unternehmens Dorfner Clinic Care, das für die Reinigung der Zimmer zuständig ist. Die Klinik hat jetzt auch die Dorfner-Gruppe, zu der die Firma gehört, mit der Essensversorgung der Patienten beauftragt, da die eigene Küche nach wie vor geschlossen bleibt.

Volker Nies[Fulda]

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