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Wintereinbruch: Der Süden versinkt im Schnee

Wegen starker Schneefälle wurden in Süddeutschland am Wochenende Straßen gesperrt, Züge gestoppt und Flüge annulliert. In Bayern und Baden-Württemberg mussten tausende von Menschen stundenlang Schnee schaufeln oder in kilometerlangen Staus ausharren.

München/Hamburg - Auch auf Flughäfen strandeten Reisende. Unter der Schneelast zusammengebrochene Bäume blockierten Bahnstrecken. Nach Angaben des baden-württembergischen Innenministeriums wurden zwischen Freitag- und Sonntagmorgen allein in diesem Bundesland bei 634 Unfällen vier Menschen getötet und 104 verletzt. Eine 76-jährige Frau wurde in Schwäbisch Hall beim Schneeräumen überfahren und starb. Die Münchner Feuerwehr rückte bis zum Sonntagmittag mindestens 750 Mal aus. Viele Straßen in der Stadt waren ebenso wie in Schwaben von Bäumen blockiert, die unter der Schneelast zusammengebrochen waren. Nicht nur in Bayern und Baden- Württemberg, auch in Hessen und Rheinland-Pfalz hatte es am Samstag mehrere hundert Mal gekracht. In den Alpen wurde vor Lawinen gewarnt.

Bayern, das den kältesten und schneereichsten Winter seit zwei Jahrzehnten erlebte, kämpfte gegen Schneemassen, die für Anfang März Rekorde aufstellte. In Kempten im Allgäu lagen knapp 90 Zentimeter Schnee, in Münchens Innenstadt 50 Zentimeter. Viele Dächer mussten in Bayern und Baden-Württemberg von der Schneelast befreit werden. An der Schwäbischen Alb stürzte das Dach einer leer stehenden Fabrikhalle ein. In Augsburg wurde auch das 17 000 Quadratmeter große Dach der Schwabenhalle vorsorglich vom Schnee geräumt.

In Bayerns Hauptstadt und in Augsburg stoppten die Schneemassen den Nahverkehr. Bis zum Sonntagmorgen konnten in München S-Bahnen, Straßenbahnen und Busse nicht mehr fahren. Eine Straßenbahn sprang aus den Schienen. 83 Ampeln fielen vorübergehend aus. Nur die U- Bahnen verkehrten planmäßig. Erstmals in seiner knapp 100-jährigen Geschichte blieb der Münchner Tierpark Hellabrunn am Sonntag geschlossen, weil der Winterdienst es nicht mehr schaffte, die Gehwege zu räumen. Auch die Tiere durften nicht mehr ins Freie.

Flüge gestrichen

Auf dem größten deutschen Flughafen in Frankfurt/Main mussten von Freitag bis Samstag viele Flüge gestrichen werden. Für bis zu 20 000 Passagiere hieß das, umbuchen, im Hotel übernachten oder auf den Zug umsteigen. Auch am Sonntag fielen Flüge aus, weil Flughäfen wie München oder Basel gegen den Schnee zu kämpfen hatten. Zudem behinderte Nebel den Anflug auf Frankfurt. Der EuroAirport Basel- Mülhausen-Freiburg war am Sonntagvormittag komplett geschlossen. Am Flughafen München fielen zahlreiche Flüge aus oder starteten mit großer Verspätung. Ein Airbus A 310 der russischen Siberia Airlines war am Samstag von der Startbahn gerutscht. Verletzt wurde niemand.

Auch die Bahn musste vom Wetter reden: In Baden-Württemberg übernachteten 80 Reisende in einem Zug und am Bahnhof von Singen. Sie waren nach Angaben der Bahn mit dem «Cisalpino» von Stuttgart nach Mailand unterwegs, als der Schnee die Strecke ab Schaffhausen blockierte. «Gegen 6.00 Uhr ging es mit dem Bus weiter», teilte die Deutsche Bahn mit. Die Schwarzwaldbahn zwischen Hornberg und Villingen war zeitweise gesperrt, ebenso die Höllentalbahn zwischen Freiburg und Donaueschingen sowie die Verbindung von Oberndorf nach Horb - meist wegen Schneebruchs. In Bayern ging auf der Bahnstrecke München-Garmisch-Mittenwald sowie auf Strecken weiter westlich von den Bergen bis nach Augsburg nichts mehr.

Angesichts der Schneemassen und liegen gebliebener Lastwagen wurden schon am Samstag viele Straßen im Süden und Südwesten gesperrt. «Die Räumdienste sind komplett ausgelastet», sagte ein Polizeisprecher im Schwarzwald auch am Sonntag. Die Gewerkschaft ver.di hatte ihre Streiks im öffentlichen Dienst zwar fortgesetzt. Nach Angaben von Autobahnmeistereien und Polizei hatte dies jedoch kaum Einfluss auf die Verkehrsverhältnisse.

Staus auf den Autobahnen

Auf den bayerischen Autobahnen lösten sich die Staus, die sich am Samstag auf insgesamt 100 Kilometer summiert hatten, am Sonntagmorgen langsam auf. Auf der Autobahn München-Salzburg und München-Ulm ging es jedoch bald erneut nur im Schritttempo voran. Rastanlagen waren überbelastet. Auf der Autobahn 99 standen nach Polizeiangaben 120 Lastwagen auf dem Standstreifen und behinderten die Räumdienste. Gleichzeitig tröstete der Wetterdienst Meteomedia: «Die größten Schneefälle sind abgeklungen.»

In den Alpen herrschte die zweithöchste Lawinenwarnstufe. Auf der Zugspitze wurde deshalb der Skibetrieb eingeschränkt. Im Allgäu hatte orkanartiger Wind den Schnee an den Hängen zu gefährlichen Blöcken zusammengedrückt, die sich von selbst zu lösen drohten.

In der Südschweiz wurden Straßen bereits wegen der Lawinengefahr gesperrt. Im gesamten Land gab es am Sonntag bei 40 Zentimeter Neuschnee zahlreiche Verkehrsunfälle. Eine Fahrerin starb, als sie mit ihrem Wagen gegen einen Baum prallte. Die Autobahn Richtung Basel wurde gesperrt, die Autos stauten sich auf 20 Kilometer Länge. Die Schweizerische Bundesbahn erwartete Verspätungen.

Schneechaos auch in Ostfrankreich: 2500 Urlauber verbrachten die Nacht zum Sonntag in einem Festsaal von Bourg-Saint-Maurice und wurden am Sonntag mit Bussen zu ihren Reisezielen gebracht. Im Elsass und in der Region Franche-Comté waren etwa 10 000 Haushalte vorübergehend ohne Strom, weil Äste unter dem Gewicht des Schnees nachgegeben und Stromleitungen gekappt hatten. Etwa 200 Autos und 300 Lastwagen steckten über Nacht auf der Autobahn A36 im Doubs-Tal bei Belfort fest. Eine schwangere Frau konnte gerade noch rechtzeitig für die Entbindung in ein Krankenhaus gebracht werden. (tso/dpa)

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