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Hier ist New Yorks neues Rekordgebäude noch im Bau. Der "Trump World Tower" ist mit einer Höhe von 249 Metern und 12 Zentimetern das höchste Wohnhaus der Welt.

© picture alliance / dpa

Wohnen über den Wolken: Hoch wollen sie leben

Zukünftig sollen Wolkenkratzer die Berliner Skyline prägen. Die Bundeshauptstadt orientiert sich dabei an der wohl prominentesten Metropole überhaupt – New York City.

Von Andreas Oswald

Wohnen im Wolkenkratzer? Der Plan, am Alexanderplatz einen 150 Meter hohen Wohnturm zu bauen, ruft bei vielen Berlinern ein Schaudern hervor. Lieben sie doch ihre beschaulichen Altbauviertel. Wer, so fragen sich viele, will in so einen monströsen Luxusneubau einziehen, der mitten in der Stadt als Solitär alles überragt?

Besonderes Unverständnis dürfte die Äußerung eines Projektentwicklers hervorrufen, der, wie in der Mittwochausgabe berichtet, Wohntürme als „Trendprodukt der kommenden Jahre“ bezeichnete.

Hintergrund eines solchen Investorenprojekts sei die verstärkte Nachfrage nach innerstädtischem Wohnraum, sagt Andrej Holm, Stadtsoziologe der Humboldt-Universität. Ob ein solcher Wohnturm aber mit der Vorstellung der Menschen von innerstädtischem Leben übereinstimmt, sei fraglich. „Wir beobachten bei wohlhabenden Schichten in Berlin eine Orientierung an Nachbarschaft und vermeintlicher Echtheit im Quartier mit kleinen Läden und Lokalen. Wer viel Geld hat, kauft sich im Moment ein Townhouse oder eine Altbauwohnung.“

Denkbar sei allerdings, dass im Rahmen einer Internationalisierung eine Nachfrage nach Luxuswohnungen in einem Hochhaus entstehe, sagt Holm.

In anderen Teilen der Welt haben Wolkenkratzer als Wohnraum eine lange Tradition. Berühmt sind die Condominiums in Manhattan. Viele wurden bereits in den 20er und 30er Jahren erbaut und gelten als Juwelen der Architektur. Das Leben darin ist ausgesprochen komfortabel, weniger wegen des Pools. Die Häuser, außen und innen vielfach im Art-déco-Stil gehalten, vermitteln dem Bewohner wie dem Besucher das Gefühl, sich in einem atemberaubenden großstädtischen Ambiente aufzuhalten, mitten in der pulsierenden Stadt.

Lesen Sie auf Seite 2 über Verwahrlosung im Reichtum und Einsamkeit in einem dicht bevölkerten Luxushochhaus.

Und dann der Blick aus dem Fenster. Wann immer mal Trübsinn hochkommen mag – ein Blick aus dem eigenen Wolkenkratzer auf die vielen anderen Wolkenkratzer, die die Stadt zu etwas so Einzigartigem machen, verschafft ein erhebendes Gefühl. Legendär sind die Geschichten über den Doorman, der streng darüber wacht, wer ein- und ausgeht. Besucher müssen sich anmelden. Wer möchte, dass Kinder an Halloween an der Tür klopfen, um nach Süßgkeiten zu fragen, muss sich vorher beim Doorman in eine Liste eintragen. Der achtet darauf, dass die Kleinen nicht an der falschen Türe klingeln.

Wer in einem Condominium wie dem Christodora House im East Village wohnt, muss allerdings damit rechnen, dass da wilde Bohemiens mit Geld von ihren Eltern über ihm leben und jede Nacht mit wilden Partys zu Halloween machen. Iggy Pop lebte einmal dort, das zog wohl ein bestimmtes Publikum an.

Es gibt zahlreiche relativ neue Condominiums, die von außen wenig spektakulär aussehen, aber im Inneren Luxuswohnungen für Multimillionäre bergen. Da kann es aber auch passieren, dass auf der Upper East Side eine alte Dame auf die Straße tritt, perfekt geschminkt, in edelstem Pelz gekleidet, ihren kleinen Hund ausführend. Blickt man an der Frau herunter, sieht man unterhalb des Pelzmantels eine schmutzige Pyjamahose und jahrzehntealte, eingedreckte Pantoffeln. Es gibt auch eine Verwahrlosung im Reichtum, Einsamkeit in der Anonymität eines dicht bevölkerten Luxushochhauses.

Berlin ist ganz anders. Und wird ganz sicher nicht werden wie New York. Gerade der Unterschied macht die Städte spannend. Deshalb kommen so viele junge Amerikaner nach Berlin. Die wollen wohnen, wie die Berliner wohnen. Und die Stadt erleben, so, wie sie ist. Es wird interessant sein, woher die Menschen kommen, die in den Wolkenkratzer am Alex ziehen.

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