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Stadtvilla in der Vertikale. Den einen Wohnstil für ein Townhouse gibt es nicht. Man muss ihn individuell entwickeln.

© Florian Kleinefenn

Wohnen im Townhouse: In der Tiefe des Raumes

Die langen schmalen Räume im Townhouse einzurichten ist eine Herausforderung. Dezentrale Lichtführung und einheitliche Böden schaffen Platz für Persönlichkeit.

Sie sind die urbane Version des Reihenhauses mit Garagenstellplatz, Garten und Dachterrasse: Stadthäuser – neudeutsch auch Townhouses genannt. Mitten in der Stadt und dennoch im Grünen. Mit Hausbreiten von fünf bis sieben Metern und einer etwa dreifachen Tiefe gelten diese mehrstöckigen Neubauten als Altnative zu großen Altbauwohnungen. Allerdings verlangt die schlauchartige Grundfläche bei Innenausbau und Einrichtung Geschick und Verständnis für die Besonderheiten der Architektur.

Gerade das Thema Licht spielt eine wichtige Rolle. „Das Geheimnis sind hohe Fenster“, sagt Innenarchitektin Christa Fischer. „Wenn man außerdem für die Wände eine helle Farbe wählt, die gut reflektiert, muss man vor der Tiefe der Räume keine Angst haben.“ Aktuell sei grau sehr angesagt, wobei sie aber von dunklen Tönen abraten würde. „Die brauchen dann wieder mehr Licht“, sagt sie. Auch seien zu viele harte Kontraste nicht sehr wohnlich. Besser ist es, eine harmonische Farbskala zu finden und das Tageslicht zu nutzen.

Im Townhouse des bekannten Typografen Erik Spiekermann hat Christa Fischer genau das realisiert. „Das Haus hat sowohl zur Straße als auch nach hinten raus vom Boden bis zur Decke Fenster“, erzählt sie. Als Farbpalette für die Wände hat sie einen hellen Grauton gewählt und passend dazu die leichten, warmen Töne der Holzwerkstoffe, die für die Einbauten genutzt wurden. Sie passen gut zum nackten Beton, der an ausgewählten Stellen sichtbar ist.

Auch die Böden aus grobem Estrich fügen sich in die Farbskala, wobei im Schlafzimmer grauer Schiefer als Kontrast zu den hellen Wänden eingesetzt wurde. Das Gesamtbild wirkt dennoch harmonisch und angenehm zurückhaltend. Und genau das soll es auch. Denn die Innenarchitektur soll weder die Einrichtung, noch die Architektur überlagern. Vielmehr geht es darum, mit dem Material- und Farbkanon eine Hintergrundfolie für den persönlichen Ausdruck zu gestalten und der Architektur Kraft zu geben, wie Fischer erklärt.

In der Raumaufteilung ist dieses insgesamt achtstöckige Townhouse wie aufeinandergestapelte Lofts gegliedert, wobei die Deckenhöhe variiert und so ein nur 2,28 Meter hohes Zwischengeschoss die Büroräume auf den unteren Etagen vom Wohnbereich darüber trennt. Zimmer im klassischen Sinne gibt es bis auf die Badezimmer nicht. Allerdings können die durchgehenden Etagenräume auch durch Schiebewände geteilt werden. So etwa im dritten Stock, wo mit einem Handgriff ein Gästezimmer mit privatem Bad und offener Küche von der restlichen Etage abgetrennt werden kann. Möglich wird das durch eine pfiffige Kombination von Einbauelementen. „Hier wurden die Einbauschränke in die Architektur eingeplant. Sie sind Teil der Wände“, erläutert Christa Fischer. „Das erzeugt neben der Flexibilität eine visuelle Ruhe und eine gewisse Leichtigkeit.“

Weite und Größe vermitteln

Hohe Fenster und eine helle Farbe für die Wände sind eine Grundvoraussetzung für die Gestaltung eines Townhouses.
Hohe Fenster und eine helle Farbe für die Wände sind eine Grundvoraussetzung für die Gestaltung eines Townhouses.

© Florian Kleinefenn

Flexibilität sollte auch die Beleuchtung bieten. Daher hat die erfahrene Innenarchitektin neben in der Decke eingelassene Lampen Stehleuchten eingesetzt, die über die Haustechnik gesteuert werden. „Damit kann man Ecken sehr schön nachleuchten“, sagt sie. „Dezentrales Licht ist einfach schöner.“ Dem stimmt auch Einrichtungsberaterin und Design-Bloggerin Christine Oertel zu. „Mehrere Lichtquellen, um einzelne Bereiche hervorzuheben und das Auge herumzuführen, wirken besser als eine zentrale Lampe“, sagt sie. Das treffe vor allem auf schmale Räume zu, wie man sie in Townhouses häufig findet.

Weite und Größe vermitteln darüber hinaus einheitliche Bodenbeläge und Regale, die nicht auf dem Boden stehen, sondern an der Wand montiert sind. Um den Raum nicht zusätzlich zu verengen, empfiehlt sie, nicht alles mit schweren Polstermöbeln zuzustellen. „Den einen Wohnstil für Townhouses gibt es aber nicht“, so Oertel. „Generell werden moderne Möbel leichter passen. Vor allem nordisch-skandinavische Möbel mit ihrer schlichten Eleganz und ihrem durchdachten Design passen gut zu Räumen, die sparsam eingerichtet werden sollen.“

Einzelstücke, die aus der Reihe fallen, etwa ein Erbstück, ein witziges Designmöbel, eine Antiquität, können dabei als Akzent eingesetzt werden. Es sollte in jedem Fall authentisch sein. Denn Räume zu gestalten sei wie Komponieren, schreibt sie in ihrem Blog oertel.cc, es muss von der Tonart zu den Bewohnern passen.

Auch die Möbel sollten eher filigran als wuchtig sein. So wirken die Räume entsprechend groß und hell trotz der Tiefe.
Auch die Möbel sollten eher filigran als wuchtig sein. So wirken die Räume entsprechend groß und hell trotz der Tiefe.

© Florian Kleinefenn

Das sieht Matt Hinvley auch so. Seit fast fünf Jahren wohnt er mit seiner Familie in einem dreistöckigen Townhouse mit Tiefgarage und Dachterrasse. Anders als im Spiekermann-Haus gibt es hier Zimmer, wie etwa die beiden Kinderzimmer auf der zweiten Etage, die nahezu quadratisch geschnitten sind. Sie zu möblieren sei aber unproblematisch gewesen, erzählt Hinvley. „Allerdings habe ich die Möbelpacker bei unserem Umzug nicht beneidet. Die vielen schmalen Treppen haben es ihnen nicht leicht gemacht.“

Überhaupt seien die Treppen neben den Rückzugsräumen im Freien – im Garten und auf der Dachterrasse – ein ganz zentrales Element im Haus. Sie verbinden und trennen die verschiedenen Wohnbereiche und bieten den Familienmitgliedern auch einen besseren räumlichen Abstand, wenn es mal nötig wird. Damit das Treppenhaus nicht zu schnell verschmutzt, wurde die untere Hälfte der Wände mit einer abwaschbaren Farbe gestrichen. „Im Gegensatz zu unserer alten Etagenwohnung läuft man hier nämlich den ganzen Tag rauf und runter“, sagt er. „Und wenn ich morgens meine Schlüssel im Schlafzimmer im dritten Stock vergessen habe, dann kann ich mir später den Stepper im Fitnessstudio sparen.“

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