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Panorama: Zwei tote Babys in der Gefriertruhe

Erfurter Polizei hat eine 35-Jährige festgenommen

Freitag, nach Mitternacht, als er an die Tiefkühltruhe geht. Er hat Hunger. Wie sollte er ahnen, dass er in wenigen Augenblicken in der Tiefkühltruhe zwei tote Säuglinge finden wird.

Wenig später wird eine Frau festgenommen, ihr Lebensgefährte auch.

Erfurt, Thüringen. Freitagnacht gegen drei viertel eins klingelt bei der Polizei das Telefon. Einsatz in der Tschaikowskystraße. In einer Gegend, die hier kurz Süden heißt. Es ist eine der besseren Wohngegenden der Stadt. Gründerzeithäuser. Gleich um die Ecke liegt der neu gebaute Thüringer Landtag, ein moderner Glaskasten, auch zur Eislaufhalle, die nach Gunda Niemann-Stirnemann benannt ist, ist es nicht weit.

Am Samstagmorgen dann bewachen Polizisten die Haustür eines sandgelben Wohnblocks. Vier Etagen, ausgebautes Dachgeschoss. Überwiegend ältere Leute wohnen dort, viele schon seit Jahrzehnten. Frau B., 35 Jahre alt, aus der Dachgeschosswohnung links, nicht. Sie sei, sagt ein Ehepaar aus dem Erdgeschoss, vor fünf oder sechs Jahren zugezogen. Sie. Die Frau, die die Kriminalpolizei noch in der Nacht festgenommen hat und am Samstag verhört – weil sie sie für die Mutter der toten Babys hält. Dass es so ist, ist nicht sicher. Und eine Reihe weiterer Fakten sind zu klären. Wie alt die Säuglinge waren; ob Jungen oder Mädchen; warum sie starben und wie lange sie schon in der Tiefkühltruhe lagen; und wer die Eltern sind – kommt beispielsweise der 40 Jahre alte Lebensgefährte von Frau B. als Vater in Betracht, den die Polizei in der Nacht zu Samstag in seiner Wohnung in Erfurt festgenommen hat?

Polizei und Staatsanwaltschaft erhoffen sich Hinweise von der gerichtsmedizinischen Untersuchung, die, einige Kilometer von Erfurt entfernt, in Jena vorgenommen wird. Frühestens in der Nacht, wie ein Polizeisprecher sagt, „wegen des gefrorenen Zustands der Leichen“. Am Sonntagmorgen allerdings sollen erste Ergebnisse vorliegen. Die Staatsanwaltschaft hat eine Pressekonferenz im Erfurter Polizeipräsidium angekündigt.

Bis dahin wollen beide Seiten zudem entschieden haben, ob sie bekannt geben, wer der Anrufer war. Derjenige, der die Kühltruhe geöffnet hatte.

Indizien sprechen dafür, dass es Frau B.s Sohn war: 15 oder 16 Jahre alt, die Angaben unterscheiden sich. Die Polizei hatte zunächst von einem Mann gesprochen, der dauerhaft einen Wohnungsschlüssel besessen habe. Auf Tagesspiegel-Nachfrage bestätigte Staatsanwalt Michael Heß, es habe sich um „einen nahen Familienangehörigen“ gehandelt, der in der Wohnung von Frau B. gewohnt habe.

Es ist nicht der erste Fall dieser Art in der Umgebung. Im Januar waren auf einem leer stehenden Anwesen in Thörey bei Erfurt drei Babyleichen gefunden worden. Die Mutter, 21 Jahre alt, steht unter dem Verdacht des Totschlags. Im Januar 2006 fand die Polizei zwei einbetonierte Babyleichen in Altenburg.

Marek Hock[Erfurt]

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