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Brandenburg: Wenn Schüler blaumachen, sieht die Koalition rot

Der Umgang mit Schwänzern entzweit SPD und CDU, die Polizisten einsetzen will. Denn viele Jugendstraftaten passieren während der Schulzeit

Von Michael Mara

Potsdam. Der Streit um den Einsatz von Polizisten gegen Schulschwänzer spitzt sich in der Großen Koalition zu: Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) kritisierte am Dienstag den innenpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Sven Petke, weil der „in manischer Art“ jedes halbe Jahr erneut diese Forderung stelle. „Ich verspreche mir nichts davon, wenn Schulschwänzer in der grünen Minna zur Schule gebracht werden“, sagte Reiche. Petke konterte, der Bildungsminister unterschätze das Schulschwänzer-Problem. Er verwies auf Recherchen des Innenministeriums, nach denen im vergangenen Jahr in Brandenburg rund 16 000 Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 18 Jahren im Zeitraum von 7 bis 14 Uhr Straftaten begangen hätten. In diesem Jahr seien es schon rund 7000. Auch wenn nicht alle Schulschwänzer seien, könne man davon ausgehen, dass der überwiegende Teil der straffällig gewordenen Kinder und Jugendlichen die Schule geschwänzt habe, sagte Petke. Da sei es wohl nicht zu viel verlangt, wenn Polizisten, die zu Schulzeiten Streifen gehen, Kinder im schulpflichtigen Alter ansprächen und gegebenenfalls zur Schule eskortierten. Auch die neue Justizministerin Barbara Richstein sagte, sie sei für diese Vorgehensweise. Thüringen und Bayern hätten damit gute Erfahrungen gemacht: Ladendiebstähle von Schwänzern seien dort zurückgegangen.

Bildungsminister Steffen Reiche selbst stellte gestern einen „Handlungskatalog gegen das Schulschwänzen“ vor. Nach seinen Angaben liegt die Zahl der Schulschwänzer in den besonders betroffenen Jahrgangsstufen 7 bis 9 bei etwa einem Prozent, also rund 1000 Kinder und Jugendliche. Petke zweifelte diese Zahl allerdings an. Reiche führe nach eigenen Angaben keine Statistik. In Berlin wird die Zahl der notorischen Schwänzer auf etwa 3000 geschätzt.

Grundsätzlich hält es auch Reiche für erforderlich, dass Schulen gegen Schwänzer konsequenter als bisher vorgehen: Das Schulgesetz biete dazu ausreichende Möglichkeiten. Die Maßnahmen reichten von der Ermahnung über den Verweis bis hin zum Schulwechsel. Auch könne gegen Eltern, die ihren Kindern den Schulbesuch nicht ermöglichten, ein Zwangsgeld festgesetzt werden. Bisher ist von dieser Möglichkeit in Brandenburg allerdings so gut wie kein Gebrauch gemacht worden. Es sei schwierig, das umzusetzen, so Reiche, weil es sich oft um Sozialhilfeempfänger handele. Reiche plädierte außerdem dafür, für jede Schulen einen Polizisten als „Paten“ zu bestimmen.

Die Polizeigewerkschaften lehnen den Einsatz von Polizisten gegen Schulschwänzer ab, weil sie überfordert seien. Laut Petke rechtfertigt das Polizeigesetz den Einsatz von Polizei auch gegen Schulschwänzer.

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