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Brandenburg: Wer kennt die Schlösser, zählt die Gärten?

Ein privater Kreis gibt Broschüren über die Herrenhäuser der Mark heraus. Jetzt erschien die 100. Nummer

Berlin - Wer die Fotos von 1991 und 2008 vergleicht, wird Schloss Meseberg kaum wiedererkennen. Bröckelnde Fassaden, aufgerissenes Parkett und dick übertünchte Stuckdecken damals; ein penibel restauriertes barockes Kleinod heute. Schließlich ist das 2007 von der Messerschmidt-Stiftung erworbene und hergerichtete Landschloss nördlich von Berlin heute das Gästehaus der Bundesregierung.

Die Bau- und Nutzungsgeschichte von Schloss Meseberg ist das Thema des 100. Heftes der Schriftenreihe „Schlösser und Gärten der Mark“, die der gleichnamige Freundeskreis unter dem Dach der „Deutschen Gesellschaft“ herausgibt. Die Broschüre mit einem Text des Kunsthistorikers Markus Jager und Fotos von Volkmar Billeb ist eine vollständige Neubearbeitung: Der Vorgängerband von 1991, eine der ersten Publikationen des 1990 gegründeten Freundeskreises, war längst vergriffen – und entsprach vor allem nicht mehr dem Zustand des Schlosses.

Die unverwechselbaren querformatigen Broschüren mit ihren grauen Umschlägen, den fundierten Texten und den konsequent in schwarzweiß gedruckten Fotos kennt jeder, der in Brandenburg auf Fontanes Spuren unterwegs ist. Meist sind sie das einzig Aktuelle, was man über Kultur-, Bau- und Besitzergeschichte des Schlosses oder Herrenhauses eines Ortes erwerben kann. Und nicht selten werden Sorgenkinder der Denkmalpflege vorgestellt, die noch immer auf eine sinnvolle Nutzung warten.

Schloss Hohenlandin in der Uckermark zum Beispiel, 1860 im Stil der englischen Gotik errichtet und ebenfalls in einem aktuellen Band der Schriftenreihe vorgestellt. Sibylle Badstübner-Gröger nennt die Totalruine, die der völlig überforderten Gemeinde gehört, „ein trauriges Beispiel, wahrscheinlich ohne Zukunft“. Die 72-jährige Kunsthistorikerin weiß, wovon sie spricht. Seit 1993 betreut sie die Schriftenreihe, zudem ist sie Vorsitzende des Freundeskreises.

Insgesamt hat der Freundeskreis über 400 Mitglieder, darunter Prominente wie den Schriftsteller Günter de Bruyn. Doch der aktive Kern ehrenamtlicher Aktivisten beschränkt sich auf elf Personen: meist historisch interessierte Damen jenseits der Pensionsgrenze. Sie halten die Berliner Geschäftsstelle in Schwung, betreuen die Schriftenreihe, organisieren Führungen, Exkursionen und regelmäßig Benefizkonzerte im Apollosaal der Staatsoper. Etwa 82 000 Euro konnte der Verein so bereits für die Sanierung von Schlössern spenden.

Am 17. Juni wird Badstübner-Gröger den mit 25 000 Euro dotierten Förderpreis der Deutschen Nationalstiftung für „ihren“ Freundeskreis entgegen nehmen. Eine ebenso verdiente wie willkommene Anerkennung. Die Schutzgebühr von vier Euro – oder sechs Euro für die deutsch-polnische Sonderreihe zu den Schlössern der Neumark – deckt oft gerade die Druckkosten, die Autoren und Fotografen der Schriftenreihe arbeiten ohne Honorar. Und es warten noch einige hundert Schlösser, Herrenhäuser und Gärten Brandenburgs darauf, in einem der grauen Heftchen gewürdigt zu werden. Michael Zajonz

Weitere Informationen im Internet:

www.deutsche-gesellschaft-ev.de

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