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Brandenburg: Westbesuch vor dem Tor

Heute empfangen die Ludwigsfelder Amateurfußballer die Profis von Werder Bremen. Ihre Taktik: Nicht angreifen

Ludwigsfelde. Anzug? Krawatte? Hemd vielleicht? „Ich trag’ T-Shirt, mit dem Logo der Sparkasse, das ist unser Sponsor.“ Jetzt lacht Volker Löbenberg, und vielleicht denkt er wirklich, er sei perfekt vorbereitet auf den Sonnabend. Dann spielen die Amateurfußballer vom Ludwigsfelder FC in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen den Spitzenreiter der Bundesliga. Gegen Werder Bremen.

Am Freitagmorgen hat er schon mal einen Vorgeschmack bekommen auf das, was ihn erwartet. „Medienrummel“, sagt Löbenberg. In den frühen Morgenstunden hat ihn die ARD ins Morgenmagazin geladen. Eine Livesendung, „mit richtig Schminken und so“. Er kennt den Stress nicht, die Fotografen, die Kameras. Was, bitte schön, „muss denn erst der Ottmar Hitzfeld alles mitmachen?“ Nun trainierte Löbenberg nicht den FC Bayern München, sondern eine fünftklassige Fußballmannschaft. Ludwigsfelde hat den Landespokal gewonnen, deshalb darf der Verein heute im DFB-Pokal gegen Profis antreten.

Werder Bremen wirtschaftet jährlich mit einem Etat von 32 Millionen Euro. Ailton, der brasilianische Stürmer, verdient pro Saison geschätzte 2,5 Millionen Euro. Beim Ludwigsfelder FC arbeiten sie mit 130 000 Euro, weniger als 200 Euro können die Spieler monatlich in die eigene Tasche stecken. „An diesen Zahlen sieht man es: Wir haben eigentlich keine Chance“, sagt Löbenberg.

Was die Profis in Ludwigsfelde vorfinden: Einen holprigen Parkplatz, ein altes Stadion, muffige Kabinen, „aber immerhin neue Duschköppe“, sagt Manager Jürgen Parpat. „Das ist wie in der DDR: Besuch aus dem Westen. Alles wird geputzt.“ Drei Kabinen hat man den Bremern versprochen. Aber keinen Sieg. „Die sollen erst mal fünf, sechs Tore schießen“, sagt Lars Finke, einer der LFC-Spieler. „Wir stehen hinten drin, werden mauern – die sollen mal schön ackern. Das wird nicht einfach.“ Die Bremer Stärke liegt im Konterspiel. Dafür muss der Gegner angreifen und aufrücken. „Aber wir greifen ja gar nicht an“, sagt Löbenberg. Er grinst. Gute Taktik.

Auch die Fans rechnen sich was aus. Willy etwa, 55, Mitglied des LFC-Fanclubs „Harter Kern“. Er sagt: „Das Spiel ist ein großes Highlight in Ludwigsfelde“, dann überschlägt sich seine Stimme: „Ach, Quatsch: Das ist das größte Highlight, seitdem wir ’88 in Ludwigsfelde gegen die Sowjets gespielt haben.“ Wir – das sind die Junioren-Nationalspieler der DDR. Der Gegner hieß damals zwar Bulgarien. Aber Willy will halt den Superlativ.

Man muss das so sehen: Sonst kommen 200 Fans, heute erwarten sie 5000. Deshalb stehen 2500 Bratwürste und 5000 Liter Bier bereit. Gewinnen die Amateure, erhält der Klub 120 000 Euro Fernsehgelder. „Dann fahren wir ins Trainingslager, wie die Profis“, sagt Löbenberg. Wo soll’s hingehen? Mallorca? „Ach, Parchim ist doch auch nett.“

Anpfiff 15.30 Uhr Waldstadion Ludwigsfelde. Eintritt: 14, ermäßigt 7 Euro. Wie es war, lesen Sie am Sonntag in unserem Sport-Teil.

André Görke

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