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Brandenburg: „Wir kämpfen nicht gegen die SPD in Brandenburg“

CDU-Chef Schönbohm über die Bundestagswahl und den Rechtsextremismus

Sie haben vor der letzten Bundestagswahl Edmund Stoiber als Kanzlerkandidaten der Union favorisiert. Für wen sind Sie jetzt?

Ich war damals für Stoiber als Kanzlerkandidaten, doch jetzt unterstütze ich Angela Merkel. Sie hat in den drei Jahren als Oppositionsführerin unglaublich viele Erfahrungen dazu gewonnen. Deshalb sollte sie Kanzlerkandidatin werden.

Halten Sie es für einen Vorteil, dass Angela Merkel Ostdeutsche ist?

Ja. Stoiber wird die Wähler gewinnen in Süddeutschland, Frau Merkel wird sehr viel mehr Stimmen in den neuen Bundesländern holen, als wir bisher hatten. Die Diffamierung von Stoiber, die die SPD damals im Osten betrieben hat, kann man mit Merkel nicht machen.

Was würde die CDU in der Regierung anders machen als Rot-Grün?

Wir können überhaupt keine Versprechungen machen, dass die Arbeitslosigkeit sofort drastisch abgebaut wird. Aber wir werden in der Wirtschafts- und Finanzpolitik Anreize für das Wachstum der Wirtschaft und damit für neue Arbeitsplätze schaffen.

Angesichts von fünf Millionen Arbeitslosen erwarten die Wähler den großen Wurf.

Der Staat kann die Arbeitsplätze nicht schaffen. Aber wir überlegen einen ganzen Katalog von Maßnahmen: Angefangen beim Kündigungsschutz, der bei Neueinstellungen in mittelständischen Betrieben mit weniger als 20 Mitarbeitern gelockert werden soll, und bei betrieblichen Bündnissen für Arbeit. Überlegt wird eine große Steuerreform und eine Entlastung der Arbeitskosten durch Abkoppeln der Ausgaben für Soziales und Gesundheit. Und es wird mit uns kein Antidiskriminierungsgesetz geben, wie es Rot-Grün vorschwebt. Ein solches Gesetz verhindert, das neue Arbeitsplätze entstehen.

Würde die Union den Atomausstieg rückgängig machen?

Ja. Wir haben die sichersten Atomkraftwerke der Welt. Es ist widersinnig, dass wir Atomstrom aus Osteuropa beziehen, wo die Kernkraftwerke weniger sicher sind. Außerdem muss der Irrsinn der Verschandelung der Landschaft durch Windräder beendet werden.

Was würde sich in der Sicherheitspolitik ändern?

Ich halte eine gemeinsame Islamistendatei von Polizei und Nachrichtendiensten für notwendig. Darin sollten die Klarnamen von Verdächtigen auftauchen und nicht nur Aktenvermerke. Außerdem sollte schon bei Ladendieben, die mehrfach aufgefallen sind, der genetische Fingerabdruck genommen werden.

Sie führen mit Matthias Platzeck eine Koalition von SPD und CDU – wäre das auch ein Modell für den Bund?

Nein. Wir haben auf Bundesebene einen entscheidenden Unterschied zu Brandenburg. Die SPD ist hier bei weitem nicht so ideologisch wie im Bund. Dort haben sich SPD und Grüne in einer babylonischen Gefangenschaft festgezurrt. In Potsdam kann man viel pragmatischer Politik machen. Ich setze im Bund auf eine Koalition mit der FDP.

Die Brandenburger PDS hat einen Wahlkampf gegen Hartz IV angekündigt. Wird das SPD und CDU im Osten Stimmen kosten?

Das glaube ich nicht, die Welle der Emotionen ist verebbt. Die PDS kann ruhig so einen Wahlkampf machen, das wird ihr nicht helfen.

Die brandenburgische CDU muss sich profilieren, um die Schlappe der Landtagswahl bei der Bundestagswahl wettzumachen. Sind da nicht Spannungen in der Koalition unvermeidbar?

Wir werden deutlich machen: Wir kämpfen nicht gegen die SPD auf Landesebene, sondern gegen Rot-Grün in Berlin. Es geht uns um Brandenburg.

Bei der Landtagswahl im Herbst kam die CDU nur auf 19 Prozent. Was ist Ihr Ziel bei der Bundestagswahl?

Eine Größenordnung von gut 25 Prozent streben wir schon an.

In Ihrer Amtszeit als Innenminister ist die Zahl der rechtsextremen Straftaten drastisch gestiegen. Sind Sie in der Bekämpfung des Rechtsextremismus gescheitert?

Wir haben in Brandenburg noch nicht die Zivilgesellschaft, die als eine Art geistiger Bürgerwehr dem Rechtsextremismus entgegentritt. Die Polizei hat alle Maßnahmen ergriffen, die sie ergreifen kann. Immerhin haben wir die Aufklärungsquote deutlich verbessert. Mehr geht nicht, einen Polizeistaat kann keiner wollen.

Warum engagiert sich die CDU nicht stärker?

Die CDU hat 7500 Mitglieder und kann nur begrenzt wirksam werden. Aber die Landesregierung hat eine Vielzahl von Aktionen initiiert. Sie haben einen Nachteil: Sie kommen nicht richtig an die Gesellschaft heran. Das ist auch eine Folge der Umbrüche im Osten. Doch muss man auch selbstkritisch sagen: Es fehlt die Nachhaltigkeit im Engagement.

Sie haben am Wochenende bei Ihrer Wiederwahl als Parteichef nur ein mäßiges Ergebnis erzielt. Geht die Ära Schönbohm in der brandenburgischen CDU zu Ende?

Das war eine ehrliche Wahl und sollte zeigen, dass Schönbohms Bäume nicht in den Himmel wachsen. Das kann sich wieder ändern. Meine Zeit geht zu Ende, wenn ich aufhöre – und das entscheide ich.

Das Interview führten Frank Jansen und Michael Mara

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