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Wirtschaft: … oder Rettung?

Opel kann sich von General Motors lösen und alleine überleben. Ohne Starthilfe des Staates kommt der Autobauer aber nicht aus der Krise

Es gibt etwa so viele Szenarien für ein Überleben von Opel wie Experten, die an eine Zukunft des Traditionsunternehmens glauben. Gemeinsam ist allen: Eine Rettung ohne – vorübergehende – staatliche Unterstützung hält niemand für möglich. Wie diese Hilfe ausfallen sollte und was sie den Steuerzahler kostet, bleibt aber umstritten. Die Vorschläge reichen von Bürgschaften über die Einrichtung einer Stiftung, in der die öffentlichen Opel-Anteile treuhänderisch verwaltet werden, bis hin zu einer direkten Kapitalbeteiligung. Wie auch immer der Staat hilft, die europäischen Länder, in denen sich Opel-Standorte befinden, wollen jedenfalls kooperieren. Darauf verständigten sie sich am Freitagabend nach einem Gespräch mit der EU-Kommission. Auch die Belegschaften und die Händler (siehe Interview) wollen sich beteiligen.

In allen Überlebensszenarien für Opel wird der Einfluss der US-Konzernmutter auf ein Minimum reduziert. Ganz ohne GM wird es nicht gehen, weil der zweitgrößte Autokonzern der Welt trotz Schieflage eine große Einkaufsmacht hat, von der eine selbstständige Opel-Gesellschaft profitieren würde. Außerdem sind Opel und seine britische Schwester Vauxhall eng mit dem US-Autobauer vernetzt. GM könnte als Minderheitsaktionär entsprechende Sacheinlagen in die neue Gesellschaft einbringen: Werke, Vertriebsgesellschaften, vorhandene technische Plattformen, Entwicklungen und Patente. Bei einem aktuellen Börsenwert von GM von knapp 1,3 Milliarden Euro wäre der Wert dieser Einlagen allerdings deutlich niedriger anzusetzen als die von GM behaupteten drei Milliarden Euro. „So eng wie häufig behauptet, ist die Vernetzung mit GM aber nicht“, sagt Helmut Becker, lange in der BMW-Konzernstrategie tätig und 20 Jahre Chefvolkswirt des Autokonzerns. Alles, was Opel in Europa verkaufe, werde auch hier gebaut. Und dass sich transatlantische Konzernverbünde wieder lösen ließen, zeige das Beispiel Daimler und Chrysler. Auch das Argument, Opel-Vauxhall verkauften mit 1,5 Millionen (2008) Autos zu wenig, um überlebensfähig zu sein, lässt Becker nicht gelten. „Das reicht zunächst, um aus der Krise und bis zum nächsten Aufschwung zu kommen.“

Auch Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive an der FH Bergisch Gladbach, glaubt, dass in der Autoindustrie „nicht nur die Fettesten überleben“. Opel könne mit den vorhandenen Absatzzahlen „für ein bis zwei Jahre“ bestehen. Danach sei aber die Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr, wenn sich keine Partner fänden.

Bei der Frage der künftigen Partnerschaften sind sich alle Experten einig: für Opel, aber auch für alle anderen deutschen Hersteller, sind Kooperationen in der Zukunft unerlässlich. Der Duisburger Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer sieht in vielfältigen Formen der Zusammenarbeit einen Schlüssel zur Reduzierung der Überkapazitäten bei Opel von bis zu 400 000 Fahrzeugen. Opel müsse nicht alles alleine machen, sondern könne – etwa bei der Kleinwagenproduktion oder der Motoren- und Getriebefertigung – auf Plattformen und Kapazitäten der Wettbewerber zugreifen. Als Partner hält Dudenhöffer Peugeot-Citroën, Ford, Fiat, Suzuki oder Mazda für möglich. „Durch die Kooperationen lassen sich Entwicklungskosten um knapp 50 Prozent senken“, glaubt Dudenhöffer. Bei den Produktionskosten seien zehn bis 15 Prozent Ersparnis möglich. Aber: Opel müsse auf zwei eigene Produktionswerke und mindestens ein Motoren-/Getriebewerk verzichten. „Das Konzept kommt also nicht ohne Werksschließungen aus“, sagt Dudenhöffer. Auch GM-Europe-Chef CarlPeter Forster hat angedeutet, dass drei Werke und mindestens 3500 Arbeitsplätze zur Disposition stehen könnten.

Einen Wettbewerbsvorteil hat Opel schon heute: kleine, sparsame Autos. „Das ist ein gigantischer Vorteil gegenüber BMW und Mercedes“, sagt Wolfgang Meinig, Leiter der Bamberger Forschungsstelle Automobilwirtschaft. „Hier setzt Opel Benchmarks, hier hat der Hersteller die nötige Kompetenz.“ Die von der Abwrackprämie stimulierte Nachfrage nach dem Corsa zeige dies. „Die Opel-Ingenieure sind motivierbar, jetzt richtig loszulegen“, glaubt Meinig.

Als selbstständige Aktiengesellschaft (noch ist Opel eine GmbH) mit eigenem Rechnungswesen, handlungsfähigem Vorstand und eigenem Händlernetz wäre Opel auch attraktiver für künftige Investoren. Innerhalb weniger Wochen, heißt es, ließe sich ein eigenständiges, europäisches Management aufbauen.

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