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Aus heiterem Himmel kommen die steigenden Strompreise nicht. Foto: picture-alliance/dpa

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Wirtschaft: 1000 Euro für Strom

Neue Studien weisen auf einen drastischen Strompreisanstieg im kommenden Jahr hin.

Berlin - Wenn Verbände eine wissenschaftliche Studie präsentieren, verbinden sie mit deren Präsentation eine politische Botschaft: Die Umweltorganisation Greenpeace verpackte ihre am Montag geschickt in eine irreführende Überschrift zu einer Pressemitteilung: „Strompreise für Privathaushalte können 2014 sinken“. Den Haken an der Sache entdeckte man recht schnell: Sinken würde der Preis nur, wenn die Politik auf die Forderungen von Greenpeace eingeht und zum Beispiel Stromhändler dazu zwingt, die fallenden Börsenstrompreise auch an ihre Kunden weiterzugeben. Die Umweltschützer scheinen allerdings auch nicht zu glauben, dass das schnell geschieht.

So kommt die vorgelegte Studie, die das Öko-Institut im Auftrag der Umweltschutzorganisation erstellt hat, zu dem Schluss, dass die Erneuerbare-Energien- Umlage (EEG-Umlage) für das kommende Jahr von derzeit knapp 5,3 auf rund 6,1 Cent je Kilowattstunde steigen dürfte. Andere Studien gehen sogar von 6,5 bis sieben Cent aus. Das würde bedeuten, dass ein Durchschnittshaushalt mit drei Personen und 3500 Kilowattstunden Jahresverbrauch – auch bei dieser eher moderaten Rechnung – künftig 215 Euro für die Umlage zahlen müsste. Aktuell sind es 185 Euro. Das würde bedeuten, dass ein solcher Musterhaushalt erstmals insgesamt mehr als 1000 Euro im Jahr für seine Stromrechnung aufbringen müsste.

Die Autoren der Studie sind bemüht, klarzustellen, dass mitnichten die Förderung der erneuerbaren Energien selbst für diesen zu erwartenden Anstieg verantwortlich ist, sondern ein Marktversagen. So führt das Öko-Institut an, dass die „Systemkosten der Stromversorgung“ im kommenden Jahr wahrscheinlich sogar um 0,6 Cent je Kilowattstunde fallen dürften. Die Strombörsenpreise fallen – vor allem wegen der vielen neuen Windräder und Solaranlagen – auf unter vier Cent je Kilowattstunde. Somit steigt die Differenz zu den Sätzen der staatlich garantierten Einspeisevergütung für Ökostrom. Es müsse mehr Geld eingesammelt werden – es sei denn, die Bundesregierung sorge dafür, dass die Energieversorger die gesunkenen Börsenpreise an die Haushalte weitergeben, wie Felix Matthes vom Öko-Institut argumentiert. „Dann braucht in den nächsten Jahren niemand steigende Preise zu fürchten.“

Als Preistreiber identifizieren die Autoren auch den EU-Emissionshandel, der nicht funktioniere. Um die vier Euro kostet es derzeit, eine Tonne CO2 auszustoßen. Rund 40 müssten es sein. Dann würde die Umlage um weitere 1,3 Cent sinken, rechnen sie vor. Als letzte große Stellschraube gilt zudem die Regelung, mit der der Bund energieintensive Unternehmen von der Ökostromumlage befreit. 1691 Unternehmen würden sich dem so „entziehen“, wie es hieß. Ähnliche Töne gab es am Montag bei der Grünen-Bundestagsfraktion, wo eine Studie über Industrierabatte bei Netzentgelten vorgelegt wurde. Diese sollen den Berechnungen zufolge von 800 Millionen auf 1,2 Milliarden Euro im Jahr steigen.

Der Verband der Energieintensiven Industrien (EID) wehrte sich gegen „einseitige Schlussfolgerungen“ dieser Studie. „Die Entlastung von energieintensiven Betrieben bei den Netzentgelten macht nur gut ein Prozent des Strompreises von Haushalten aus. Die Befreiung bleibt nötig, damit wir weiter am Standort Deutschland wettbewerbsfähig produzieren können“, teilte der Verband mit. Der Einzelhandelsverband HDE hingegen kritisierte die Befreiung. Der Handel subventioniere die Industrie so mit 84 Millionen Euro. Und überhaupt: Mit einem Anstieg der Umlage auf 6,1 Cent sei die Schmerzgrenze „deutlich überschritten“.

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