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Punkten für die Prämie. In Deutschland werden Payback-Karten drei Millionen Mal pro Tag über die Kassenscanner gezogen.

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15 Jahre Punkte sammeln: Wie Payback das Kaufen verändert hat

Sie ist eine alte Bekannte: Seit 15 Jahren nutzen die Deutschen die Payback-Karte. Drei Millionen Mal ziehen sie Kassierer pro Tag über ihre Scanner. Doch langfristig wird die Plastikkarte von Apps verdrängt werden.

Von Carla Neuhaus

Alexander Rittweger kennt uns. Er weiß, dass wir Deutschen Schnäppchenjäger sind: immer auf der Suche nach Ersparnis, empfänglich für Werbesprüche wie „Geiz ist geil“. Erkannt hat Rittweger das lange vor vielen anderen – und er hat daraus ein erfolgreiches Geschäft gemacht. Rittweger ist der Mann, der den Deutschen das Punktesammeln beigebracht hat: Er ist der Erfinder der Payback-Karte.

Als der Münchner Unternehmer sie vor 15 Jahren auf den Markt brachte, klang das abenteuerlich. Kunden sollten mit einer Plastikkarte beim Einkauf Punkte sammeln und sie später in Prämien oder Rabattgutscheine umtauschen. So etwas gab es damals nur in den USA oder Großbritannien. Bundesbürger sammelten höchstens Aufkleber, die sie in Treue-Heftchen einklebten. Rittweger änderte das.

Es gibt immer wieder Gegenwind

Heute tragen Verbraucher meist gleich mehrere Kundenkarten in ihren Portemonnaies. Neben branchenübergreifenden Anbietern wie Payback oder der Deutschland Card haben Handelsketten eigene Karten auf den Markt gebracht, um Kunden an sich zu binden. Payback ist jedoch bis heute mit 25 Millionen aktiven Nutzern hierzulande Marktführer. Drei Millionen Mal ziehen Kassierer die Karte pro Tag über ihre Scanner. Für Loyalty Partner, die Firma hinter Payback, arbeiten weltweit mittlerweile 800 Angestellte. Neben Deutschland vertreiben sie das Payback-Modell in Italien, Polen, Indien und Mexiko.

Rittweger hat sich mit seiner Idee also durchgesetzt. Dabei gab und gibt es immer wieder Gegenwind. Verbraucherschützer sehen die Datensammelei kritisch. Denn Händler wie Kaufhof, Real, dm, Thalia oder Rewe kommen mit den Karten an sensible Informationen: Was haben die Kunden wann, wie oft gekauft? Geben sie viel Geld für Kosmetik aus oder haben sie Haustiere? Lesen sie ScienceFiction-Romane oder Thriller?

Punktesammeln verändert das Kaufverhalten

Je besser Händler ihre Kunden kennen, desto gezielter können sie Werbung auf sie zuschneiden. Entsprechend wertvoll sind die Daten für die Wirtschaft. Sie ließen sich gut verkaufen, fürchten die Verbraucherschützer. Payback beteuert hingegen, solche Sorgen seien unbegründet. Das Unternehmen handle datenschutzkonform und speichere alle sensiblen Informationen auf deutschen Servern. „Wir verkaufen Daten nicht und geben sie auch nicht an Dritte weiter“, sagt Payback-Sprecherin Nina Purtscher.

Doch das Punktesammeln verändere auch das Kaufverhalten, sagt Christian Gollner von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. „Weil die Kunden das Gefühl haben, ständig zu sparen, vergleichen sie die Preise nicht mehr.“ Wer möglichst viele Punkte sammeln will, kauft stets bei denselben Ketten ein – statt zu schauen, ob das Klopapier oder der Kaffee bei der Konkurrenz nicht gerade günstiger ist. Dabei sei die tatsächliche Ersparnis durch die Kundenkarten minimal, sagt Gollner. Die Höhe der gewährten Rabatte liege häufig bei unter drei Prozent, urteilt auch die Stiftung Warentest.

Für das Payback-Unternehmen Loyalty Partner ist es auf jeden Fall ein lukratives Geschäft. Deshalb hat vor fünf Jahren dann auch der US-Kreditkartenanbieter American Express die Mehrheit an der Payback-Firma übernommen: für rund eine halbe Milliarde Euro.

Plastikkarte wird von App verdrängt werden

Wie es mit Payback weitergeht, hängt von der Anpassung an die Megatrends ab. Die Verbreitung von Smartphones verändert das Geschäft. Payback-Sprecherin Purtscher bestätigt: „Wir arbeiten derzeit an neuen mobilen Services.“ So soll Payback den Einstieg ins mobile Bezahlen testen. Künftig könnten Kunden etwa automatisch Punkte gutgeschrieben bekommen, wenn sie per Handy zahlen. Ihre Payback-Karte müssten sie dann nicht mehr vorzeigen.

Überhaupt dürfte die Plastikkarte in Zukunft immer unwichtiger und langfristig womöglich ganz von der Payback-App verdrängt werden. Denn die eröffnet dem Unternehmen völlig neue Möglichkeiten. So könnten Kunden bald übers Handy im Laden geortet werden – Händler könnten ihnen dann persönliche Angebote aufs Smartphone schicken. Stehen sie zum Beispiel vor dem Regal mit Zahnpasta, könnte der Kunde mitgeteilt bekommen, für welche Pasta er die dreifache Anzahl an Payback-Punkten gutgeschrieben bekäme.

Noch hält sich das Unternehmen mit Äußerungen zu solchen Innovationen zurück. Doch undenkbar sind sie nicht. Der US-Konkurrent Shopkick, der seit Oktober auch in Deutschland aktiv ist, setzt ein ähnliches System nämlich bereits ein und macht Payback damit Konkurrenz. Wer die Shopkick-App auf sein Smartphone lädt, sammelt bereits Punkte, sobald er ein Geschäft auch nur betritt. Technisch funktioniert das über einen Sender am Eingang des Geschäfts, der das Handy registriert.

Wer schließlich genug „Kicks“ gesammelt hat, bekommt einen Gutschein – ähnlich wie bei Payback. Shopkick will auf diese Weise Kunden wieder ins Kaufhaus locken, die sonst lieber im Internet bestellen. Bereits jetzt haben etwa eine halbe Million Deutsche die Anwendung auf ihr Smartphone geladen.

Die Zukunft der klassischen Payback-Karte ist daher ungewiss. Das dürfte auch Gründer Alexander Rittweger klar sein. Er hat das Unternehmen mittlerweile verlassen, nach und nach seine Anteile an den Mehrheitseigentümer American Express verkauft. Für Payback sei Rittweger heute nur noch beratend tätig, heißt es. Er soll allerdings bereits an etwas Neuem arbeitet. Womöglich an einem Start-up, das unser Kaufverhalten wieder verändern wird.

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