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Wirtschaft: 18000 Kläger wollen Geld von der Telekom zurück Schadenersatzprozess beginnt am Dienstag

Berlin - Am Dienstag wird am Landgericht Frankfurt am Main ein Verfahren eröffnet, das bislang in Deutschland beispiellos ist. Zehn Klagen hat Meinrad Wösthoff, Vorsitzender Richter der Siebten Kammer für Handelssachen, auf die Tagesordnung gesetzt.

Berlin - Am Dienstag wird am Landgericht Frankfurt am Main ein Verfahren eröffnet, das bislang in Deutschland beispiellos ist. Zehn Klagen hat Meinrad Wösthoff, Vorsitzender Richter der Siebten Kammer für Handelssachen, auf die Tagesordnung gesetzt. Das ist erst der Anfang: Bei Gericht liegen inzwischen weitere 2300 Klagen. Dahinter stehen 17000 bis 18000 Kläger, sagt Wösthoff.

Enttäuschte Kleinaktionäre werfen der Deutschen Telekom vor, ihre Börsenprospekte seien nicht korrekt gewesen. So soll die Telekom etwa milliardenschwere Risiken verschwiegen und das Immobilienvermögen falsch bewertet haben. Nicht nur gegen die Telekom richten sich die Klagen, sondern auch gegen den Bund und die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die die Aktien platziert und den Erlös eingenommen haben. Andere Aktionäre klagen gegen die Deutsche Bank oder auch den ehemaligen Telekom-Chef Ron Sommer persönlich. Die Aktionäre verlangen Schadenersatz und berufen sich auf die Prospekthaftung. Sie hätten die Aktie, die seit 2000 massiv an Wert verloren hat, nicht gekauft, wenn sie richtig informiert gewesen wären, argumentieren sie.

„Die Brisanz der Klagen liegt nicht in der Höhe der geforderten Summen“, sagt Richter Wösthoff. „Es geht grob geschätzt insgesamt um etwa 200 Millionen Euro. Die Brisanz liegt in der Masse der Kläger.“ Diese war ein Grund, warum es Jahre gedauert hat, bis der Prozess eröffnet wurde. Die ersten Klagen waren bereits im Jahr 2001 eingegangen. 630 Anwaltsbüros sind in der Sache aktiv. Richter Wösthoff hat zehn Klagen ausgewählt, in denen die wesentlichen Probleme vorkommen. Wegen der Vielzahl ähnlicher Klagen wiederholen sich die Argumente der Anwälte. Schon vor Verhandlungsbeginn sind unzählige Schriftsätze zwischen den Parteien über das Gericht ausgetauscht worden. „Es ist möglich, dass es nicht bei einem Verhandlungstag bleibt“, sagt Wösthoff. Zwei Handelsrichter, die Kaufleute, aber keine Juristen sind, entscheiden mit ihm zusammen. „Es kann sein, dass es weitere Verhandlungstermine gibt oder dass ein Beweisbeschluss gefasst wird. Es kann aber auch bereits zu einer Entscheidung kommen“, sagt Wösthoff. „Alles ist drin.“

Wichtige Informationen haben Kläger und Gericht auch von der Staatsanwaltschaft in Bonn erhalten, die Anwälte durften die Ermittlungsakten einsehen. Die Staatsanwälte ermitteln, ob die Affaire um die Immobilienbewertung auch strafrechtlich relevant ist. Noch sind die Ermittlungen nicht abgeschlossen. Die Telekom hat weist bisher alle Vorwürfe zurück und sie hat bereits eine Reihe von Gutachtern aufgeboten, die ihr bescheinigen, dass die Immobilienbewertung korrekt gewesen sei.

Anlegeranwalt Klaus Rotter gibt sich zuversichtlich. „Die staatsanwaltlichen Ermittlungen reichen dreimal aus, um den Prospektmangel beweisen zu können“, sagt er. Der Prozess sei auch deshalb interessant, weil er zeige, wie es um den Anlegerschutz in Deutschland bestellt ist, sagen Vertreter der Kläger. Das Verfahren sprenge die Grenzen der Zivilprozessordnung. „Ich gehe davon aus, dass jedes einzelne der mehr als 2000 Verfahren durchgeführt werden muss“, sagt Anwalt Ralf Plück, dessen Kanzlei 6200 Kläger vertritt. Das aber würde wiederum Jahre dauern.

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