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Wirtschaft: 2002 wird für die Banken nicht einfacher

Die deutsche Kreditwirtschaft befindet sich in der schwierigsten Situation seit der Herstatt-Krise Mitte der 70er Jahre. Das bald abgelaufene Geschäftsjahr war geprägt von negativen Nachrichten wie Stellenabbau, roten Zahlen und hohen Wertberichtigungen.

Die deutsche Kreditwirtschaft befindet sich in der schwierigsten Situation seit der Herstatt-Krise Mitte der 70er Jahre. Das bald abgelaufene Geschäftsjahr war geprägt von negativen Nachrichten wie Stellenabbau, roten Zahlen und hohen Wertberichtigungen.

Zwar haben die Banken Maßnahmen eingeleitet, um das Ruder herumzureißen. Noch ist aber keine Besserung in Sicht: "2001 war schwierig, 2002 wird noch schwieriger", malt Peter Coym, Vorstandsmitglied von Lemhan Brothers Bankhaus AG ein düsteres Szenario. Auch Wolfgang Gerke, Professor für Bank- und Börsenwesen an der Universität Erlangen-Nürnberg, vertritt die Ansicht, dass "das Jahr 2002 nicht leichter werden wird".

"Wir werden schlimme Dinge sehen"

Zahlreiche Banken gerieten im laufenden Jahr in große Schwierigkeiten: Bankgesellschaft Berlin, DG Bank, die fränkische Schmidt-Bank und die Frankfurter Privatbank Gontard & Metallbank entgingen nur knapp dem Konkurs. Die Experten halten es für möglich, dass weitere Kreditinstitute in Schwierigkeiten geraten. "Wir werden im Jahr 2002 weitere schlimme Dinge sehen", meint zum Beispiel Edgar Klein, Bankenspezialist der Unternehmensberatung Deloitte Consulting. Coym rechnet damit, dass die Bereitschaft der Institute zu Rettungsaktionen wie beispielsweise bei der Schmidt-Bank angesichts eigener Schwierigkeiten nachlassen wird.

Das größte Problem sind die Kreditengagements. Hier schlummern anscheinend noch einige Leichen im Keller. Die steigende Anzahl an Unternehmens-Insolvenzen lässt weiteren Wertberichtigungsbedarf vermuten. Die Banken leiden hier unter Altlasten, sie haben das Kreditvolumen teils zu sorglos ausgeweitet. Erst in den kommenden Jahren sollen die neuen Eigenkapitalregeln (Basel II) hier für Besserung sorgen.

Ein weiteres Problem haben die deutschen Banken auf der Kostenseite. "Das gesamte deutsche Bankwesen leidet unter seinen unflexiblen Kostenstrukturen", sagt Coym. Die Fixkostenblöcke seien einfach zu hoch. So weisen die drei deutschen Großbanken im Durchschnitt mit 74,1 Prozent in 2001 die zweitschlechteste Aufwand-Ertragsrelation in Europa auf, hinter den Schweizer Banken. Dies geht aus einer aktuellen Studie der US-Investmentbank Lehman Brothers hervor. "Die deutschen Großbanken müssen auf einen Wert um die 60 runter", sieht Coym dringenden Handlungsbedarf. Die dieses Jahr eingeleiteten massiven Kostensenkungsprogramme werden nächstes Jahr Erfolge zeigen: Analysten der BHF-Bank erwarten erstmals sinkende Verwaltungskosten.

"Kosten senken ist nur ein Faktor, auch die Erträge müssen steigen", fordert Coym. "Es wird im kommenden Jahr nur wenige Bereiche geben, in denen die Banken Geld verdienen können", so der Banker. Im Kreditgeschäft seien die Margen durch den hohen Wettbewerbsdruck viel zu niedrig. Die Provisionseinnahmen würden auch nicht mehr so ergiebig sprudeln wie noch in diesem Jahr. Die Aktienmärkte blieben schwierig und im Rentenhandel sei die Fantasie nach den massiven Zinssenkungen durch die US-Notenbank weitestgehend raus, weiß Coym. Zudem haben viele Institute kaum noch Reserven, die gehoben werden können.

"Die deutschen Banken haben einen großen Nachholbedarf bei der Eigenkapitalrendite gegenüber ausländischen Instituten", sieht Professor Gerke einen weiteren Schwachpunkt. Mit einem erwarteten Durchschnitt von 7,6 Prozent nach Steuern liegen die Institute im europäischen Vergleich weit abgeschlagen. Der europäische Durchschnitt beträgt 15,1 Prozent.

In der schwierigsten Situation ist nach Ansicht der Experten die Commerzbank. "Sie hat unter den Großbanken die größten Probleme. Es gibt kein Geschäftsfeld, dass für die Zukunft gut aufgestellt ist," urteilt Klein. Eine Übernahme scheint daher nur noch eine Frage der Zeit und des Preises. "Für die Commerzbank wäre der Einstieg in einen internationalen Verbund das Beste", so Coym. Die Dresdner Bank wird als Vertriebsschiene in der Allianz aufgehen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Investmentbank in die Strategie der Allianz passt", sieht Coym über kurz oder lang einen Verkauf von Dresdner Kleinworth Wasserstein voraus. Auch Klein erwartet, dass sich der Versicherungsriese von dem Investment-Banking und Firmenkundengeschäft trennen werde. Gut aufgestellt sind nach Meinung der Experten Deutsche Bank und Hypo-Vereinsbank. "Die Hypo-Vereinsbank hat mit ihrer Ausrichtung als Privatkundenbank in den Regionen durchaus Zukunftspotenzial und die Deutsche ist die einzige mit globalen Ambitionen im Investment-Banking", so Coym.

Die Zahl der Banken wird sinken

Angesichts der schwierigen Lage erwarten die Experten eine zunehmende Konsolidierung des Bankenmarktes. "Die Anzahl der Banken muss erheblich reduziert werden, um in Deutschland zu vernünftigen Strukturen zu kommen", fordert Coym. Im kommenden Jahr werden vor allem weitere Fusionen im Sparkassenlager und bei den Genossenschaftsbanken erwartet. Fusionen unter den Großbanken sehen die Experten nicht. "Eher werden grenzüberschreitende Zusammenschlüsse erfolgen", so Gerke.

mm, po

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