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Wirtschaft: „2006 war schrecklich“

EADS-Konzernchef Enders zieht ernüchternde Bilanz: Airbus fliegt Boeing auf Jahre hinterher

München/Berlin - Sein erstes volles Jahr als Ko-Chef des Rüstungs- und Flugzeugbaukonzerns EADS hatte sich Tom Enders anders vorgestellt. „2006 war für uns schrecklich“, sagte der 47-Jährige am Montagabend in München. Die Tochter Airbus werde noch Jahre brauchen, bis sie dem Konkurrenten Boeing wieder das Wasser reichen könne. Der Konzern musste milliardenschwere Belastungen durch Verzögerungen beim Riesenflieger A 380 ebenso eingestehen wie eine kostspielige Fehlplanung beim neuen Langstreckenflugzeug A 350.

Die Probleme beim A 380 haben viele Kunden verärgert – offenbar auch die Lufthansa. Das „Wall Street Journal“ meldet, dass die Fluggesellschaft kurz vor der Bestellung von 20 Boeing 747 steht, dem Konkurrenzmodell des A 380. Der Listenpreis dafür läge bei umgerechnet 3,75 fünf Milliarden Euro.

Seine Finanzprobleme will EADS mit dem Power-8-Sparprogramm in den Griff bekommen, das die Kosten mittelfristig jährlich um zwei Milliarden Euro drücken soll. Enders kündigte an, Airbus stärker in den Konzern einzubinden, um die Abläufe effizienter zu machen. „Wir haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt“, sagte er. Keine Aussage machte er zu den künftigen Produktionsstandorten. Das Power-8-Programm könnte hier Verschiebungen bewirken. Enders räumte ein, einige Punkte des Programms seien „politisch heikel“. Airbus-Chef Louis Gallois hatte allerdings am Montag erklärt, die Balance für die europäischen Produktionsstandorte solle gehalten werden. Das heißt, ein Drittel entfällt auf Deutschland.

Die „Börsen-Zeitung“ berichtete hingegen, die Endmontage des neuen Langstreckenflugzeugs A 350 solle in Toulouse und nicht in Hamburg erfolgen. Tore Prang, Sprecher von Airbus in Deutschland, versucht zu beruhigen. Die Entscheidung für die Produktion des A 350 sei ein „hervorragendes Signal“, und überhaupt sehe die Zukunft der Airbus-Produktionsstandorte in Deutschland sehr positiv aus. Im Übrigen mache die Endmontage in der gesamten Produktionskette eines Airbus-Flugzeugs nur vier bis fünf Prozent aus, sagte Prang.

In Hamburg arbeiten 12 000 Menschen, jeweils zur Hälfte in der Entwicklung und in der Produktion. Entwickelt werden unter anderem Kabinen und Rümpfe. „Hamburg ist sehr gut ausgelastet, die Produktion läuft auf einem extrem hohen Niveau“, sagt Prang. „Es ist nicht so, dass wir dort Lücken schließen müssten.“ Im Schnitt verlasse alle zwei Tage ein Airbus die Hamburger Werft. 2008 sollen in Hamburg 36 Stück des kleinen A 320 gebaut werden, derzeit sind es 32. An der Elbe werden bisher die kleineren, in Toulouse die größeren Jets montiert. Allerdings räumte auch Prang ein: „Es ist noch zu früh, über das künftige gesamte industrielle Konzept zu sprechen. Erst Mitte Januar werden wir mehr wissen.“

Der Sprecher von Hamburgs Wirtschaftssenator Gunnar Uldall sieht keinen Grund, Alarm zu schlagen. „Wir haben von Airbus die Zusicherung, dass auch künftig rund ein Drittel der Flugzeuge unter deutscher Verantwortung entsteht“, sagte der Sprecher.

Die Entwicklung des A 350 kostet nun etwa zehn Milliarden Euro und damit mehr als doppelt so viel wie ursprünglich geplant. „Wir haben die 787 von Boeing unterschätzt und sind von unseren Kunden eines Besseren belehrt worden“, sagte Enders. Zweifel an der Finanzierung des A 350 wies er zurück. Offiziell hat der Konzern noch keine Aussagen dazu gemacht. Im Gespräch sind staatliche Beihilfen von rund 40 Prozent. Enders schloss aber auch eine Kapitalerhöhung und den Einstieg von Investoren bei Airbus nicht aus.

Daniel Rhee-Piening, Nicole Huss

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