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Wirtschaft: 2050 droht Rente auf Sozialhilfeniveau

Studie: Bürger sorgen zu wenig für das Alter vor – Verbesserung bei Riester- und Betriebsrente nötig

Frankfurt am Main - Das ernüchternde Fazit zieht Deutsche-Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter, bevor er die eigentliche Analyse vorstellt. „Eigentlich müssen wir beten“, sagt er mit Blick auf die Probleme in der Altersvorsorge. Dabei spricht er von „enormen“ Reformfortschritten in den letzten Jahren. „Aber leider ist das Resultat nicht beruhigend.“ Nach Ansicht der Deutschen Bank ist die Riester-Rente weitgehend ein Flop. Immer noch täten die Deutschen viel zu wenig für die private Altersvorsorge. Dabei droht bei ungünstiger Bevölkerungsentwicklung ein Rückgang der gesetzlichen Rente bis 2050 von heute 70 auf dann weniger als 50 Prozent des letzten Nettolohns. „Das würde dann nur noch die Grundsicherung abdecken und wäre Sozialhilfe-Niveau“, sagt Bernhard Gräf, Volkswirt der Deutschen Bank.

Einem heute 30-jährigen Durchschnittsverdiener fehlen laut einer am Dienstag in Frankfurt am Main vorgestellten Studie der Deutschen Bank beim Renteneintritt im Jahr 2035 gut 300 Euro im Monat, um auch nur das heutige Rentenniveau zu erreichen. Eine Lösung für das Dilemma hat auch Norbert Walter nicht. Aber das Thema müsse dringend diskutiert werden. „Wir wollen eine öffentliche Debatte provozieren“. Gleichwohl verhehlt er nicht, dass er in längeren Arbeitszeiten, pro Woche, Monat oder Jahr, und in höherer privater Vorsorge eine Teillösung sähe. Andererseits räumt auch er ein, dass darunter der ohnehin schwache Konsum leiden würden. „Derzeit sagt die Gesellschaft: Wir wollen nicht jetzt, sondern später schlechter leben.“

Dringenden Verbesserungsbedarf sehen die Experten der Bank bei der Riester-Rente und bei der betrieblichen Altersvorsorge durch eine Vereinfachung und bessere Anreize für den Vertrieb. „Es muss mehr ‚geriestert’ werden“, sagt Walter. Zur Pflicht machen möchte er die Riester-Rente allerdings (noch) nicht.

Immer noch stützt sich die Altersvorsorge zu 82 Prozent auf die gesetzliche Rente, fünf Prozent entfallen auf die betriebliche Vorsorge und nur 13 Prozent auf die private Absicherung. Dabei ist der so genannte „Eck-Rentner“ nach 45 Jahren Einzahlung heute mit einer Rente von 70 Prozent des letzten Nettolohns noch gut abgesichert. „Das allerdings führt zu einem Klima der Sorglosigkeit und zur Vernachlässigung der privaten Vorsorge“, sagt Gräf. Nur 5,5 Millionen der 38 Millionen Berechtigten legten derzeit privat Geld für das Alter vor. Und dies, obwohl die gesetzliche Rentenversicherung schon heute an ihre Grenzen stoße. Zugleich steigt die Zahl der Rentner: Während 1960 noch 30 Rentner auf 100 Beitragszahler kamen, liegt das Verhältnis jetzt bei 63 zu 100. Im Jahr 2050 könnten mehr als 130 Rentner auf 100 Beitragszahler kommen. Schon heute reichen die Beiträge nicht aus, um die Renten zu zahlen. „Ein Drittel der Einnahmen der Rentenkasse steuert der Bund bei“, sagt Gräf. Ohne den Zuschuss müsste der Beitragssatz bei 29 Prozent und nicht wie aktuell bei 19,5 Prozent liegen.

Der dramatische Rückgang des Rentenniveaus lässt sich nach Berechnungen der Deutschen Bank auch dann nur bedingt eingrenzen, wenn das Renteneintrittsalter von derzeit im Schnitt 60 Jahren und drei Monaten um fünf Jahre erhöht würde. Auch mit der Riester-Rente könnte die Lücke nur bedingt geschlossen werden, es sei denn, die jährliche Verzinsung läge deutlich höher als 3,25 Prozent und die Lebenszeit nach dem Renteneintritt würde kürzer dauern als heute. Am größten ist der Vorsorgebedarf nach Angaben der Deutsche- Bank-Volkswirte derzeit bei den 1970 Geborenen. Sie müssten mindestens 2,5 Prozent ihres Jahresgehaltes zusätzlich für die private Vorsorge einsetzen, wenn ihre Rente bei 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens liegen soll.

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