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Wirtschaft: 32 Milliarden Euro Verlust

Britischer Vodafone-Konzern nimmt hohe Abschreibungen für das Deutschlandgeschäft vor / Eine neue Strategie soll helfen

Berlin - Der Mobilfunkkonzern Vodafone hat im abgelaufenen Geschäftsjahr den größten Verlust gemacht, den je ein Unternehmen in der britischen Wirtschaftsgeschichte ausgewiesen hat. Das Minus lag bei 22 Milliarden Pfund (rund 32 Milliarden Euro). Hauptgrund waren milliardenschwere Abschreibungen auf das Deutschlandgeschäft. Vodafone- Chef Arun Sarin kündigte in London einen Strategiewechsel des Unternehmens an. So will Vodafone, bisher reiner Mobilfunkanbieter, künftig den gesamten Kommunikationsbedarf seiner Kunden decken. Der Anfang wird in Deutschland gemacht: Die Vodafone-Töchter D2 und Arcor werden noch im Laufe des Jahres ein Komplettangebot aus Mobilfunk und schnellem Internetanschluss via DSL auf den Markt bringen, sagte Vodafone- Deutschlandchef Friedrich Joussen in Düsseldorf.

Vodafone mit weltweit mehr als 170 Millionen Kunden bezifferte die Wertberichtigungen in den Büchern auf insgesamt 23,5 Milliarden Pfund. Mit 19,4 Milliarden Pfund entfällt ein Großteil davon auf den deutschen Markt: Im Jahr 2000 hatte der britische Mobilfunkkonzern nach einer monatelangen erbitterten Abwehrschlacht den deutschen Traditionskonzern Mannesmann übernommen – für die Rekordsumme von umgerechnet rund 180 Milliarden Euro. Vodafone hatte damals den größten Teil mit eigenen Aktien bezahlt. Seither haben Telekommunikationsaktien weltweit dramatisch an Wert verloren. Vodafone hat nun das Deutschlandgeschäft neu bewertet, was die hohe Abschreibung zur Folge hatte. Vodafone hatte dies bereits im Februar angekündigt. Der bisherige Rekordverlust der Deutschen Telekom hatte nach dem Platzen der Internetblase vor vier Jahren bei 21,6 Milliarden Euro gelegen.

Bereinigt um diesen einmaligen Effekt erwirtschaftete Vodafone einen Gewinn von 6,33 Milliarden Pfund (plus 6,8 Prozent). Der Umsatz stieg in dem Geschäftsjahr, das am 31. März endete, um zehn Prozent auf 29,3 Milliarden Pfund (42,8 Milliarden Euro). Die Börse nahm die Zahlen positiv auf. Die Aktie legte in London zeitweise um mehr als zwei Prozent zu. Der bereinigte Gewinn war etwas stärker gestiegen als von Analysten erwartet. Auch die Dividendenerhöhung um 49 Prozent auf 6,07 Pence pro Aktie überraschte die Experten. Zusätzlich kündigte Vodafone an, weitere drei Milliarden Pfund an die Aktionäre zurückgeben zu wollen. Diese kommen zu den sechs Milliarden Pfund hinzu, die Vodafone nach dem Verkauf des Japan-Geschäfts versprochen hatte.

Deutschland gehört zu den wichtigsten Märkten für Vodafone. „Daher ist es falsch, den Kauf im Nachhinein in Frage zu stellen, sagt Gartner-Analyst Martin Gutberlet. In Deutschland macht das Unternehmen mit 29,2 Millionen Kunden rund 20 Prozent seines Umsatzes – im abgelaufenen Geschäftsjahr waren es 8,4 Milliarden Euro. Der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen stieg hier um mehr als zwei Prozent auf knapp vier Milliarden Euro. Doch der Wettbewerbsdruck durch neue Billiganbieter und auch durch die Eingriffe der deutschen und europäischen Regulierungsbehörden, die auf Preissenkungen etwa beim Telefonieren im Ausland (Roaming) drängen, machen dem Konzern zu schaffen. In Deutschland haben statistisch gesehen mehr als 90 Prozent der Bewohner ein Handy. Jetzt geht es darum, die Menschen zu bewegen, mehr mobil statt im Festnetz zu telefonieren. Bisher laufen 80 Prozent der Telefonminuten in Deutschland über das Festnetz. Um Kunden komplett zu Vodafone zu locken, soll ihnen gemeinsam mit Arcor ein Angebot inklusive DSL-Anschluss offeriert werden. Bisher hatte Arcor als Verkaufskandidat gegolten.

In Deutschland bietet Vodafone bereits einen Tarif an, mit dem man zu Hause besonders günstig mobil telefonieren kann. Dieses Konzept will Konzernchef Sarin nun in andere Länder exportieren, als Teil der Strategie, den gesamten Kommunikationsbedarf der Menschen zu decken. Zudem kündigte Sarin an, Kosten reduzieren zu wollen. In England sollen 400 Arbeitsplätze gestrichen werden. In Deutschland, sagte ein Konzernsprecher, bleibe es bei den rund 9300 Stellen.

„Das ist nicht der erhoffte Strategiewechsel“, sagte Gartner-Analyst Gutberlet. In Deutschland etwa habe Marktführer T-Mobile bereits früher damit begonnen, die Kosten zu reduzieren. „Die Strategie ist kein radikaler Umbau und sie ist auch nicht neu“, sagte Gutberlet. „Andere Telekommunikationsunternehmen in Europa sind da schon weiter.“ Auch mit dem eigenen Zuhause-Tarif sei T-Mobile zwar später dran gewesen, ist aber bei den Kundenzahlen erfolgreicher.

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