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Der US-Finanzminister Henry Morgenthau Jr. (M) in einem informellen Gespräch mit Kanadas Finanzminister J. L. Lesley (L) und dem sowjetischen Delegierten M. S. Stepanow am Rande der Tagung. Vom 1. bis 22. Juli 1944 fand in Bretton Woods im Bundesstaat New Hampshire die Währungs- und Finanzkonferenz unter Leitung des US-Amerikaners Harry Dexter White und des britischen Ökonomen John Maynard Keynes statt. Die Konferenz begründete das heutige Weltwirtschaftssystem. In Bretton Woods wurde die Gründung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD, Weltbank) beschlossen.

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70 Jahre Bretton Woods: Aus Kriegstrümmern in den Wohlstand

Es war eine der wichtigsten Weichenstellungen für die Weltwirtschaft: Vor 70 Jahren entschieden 44 Länder im US-Dorf Bretton Woods über die Zukunft des globalen Finanzsystems. Der Erfolg hielt nicht lange stand, doch die amerikanische Dominanz ist geblieben.

Der Zweite Weltkrieg tobte noch, Europa lag in Trümmern, Frieden und Wohlstand schienen unerreichbar. Dennoch wagten es Vertreter aus 44 westlichen Ländern, bereits gemeinsam an der Wirtschaftsordnung der Zukunft zu arbeiten.

Das Ziel hatte US-Präsident Franklin D. Roosevelt ausgegeben: Freier Handel und stabile Wechselkurse sollten die Welt aus ihrem wirtschaftlichen Elend befreien. Wie genau, darüber stritten Politiker und Ökonomen vom 1. Juli 1944 an in dem beschaulichen Ferienörtchen Bretton Woods im Bundesstaat New Hampshire.

Die Geburtsstunde des Internationalen Währungsfonds

Am 22. Juli einigten sie sich auf eine Lösung - und gut ein Jahr später wurde das historische Abkommen unterzeichnet. Fortan galt ein System fester Wechselkurse mit dem Dollar als Leitwährung. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank zur Stützung des Konstrukts waren geboren.
Es folgten Jahre beispielloser Wohlstandsmehrung, auch in der Bundesrepublik Deutschland, die 1949 dem Bretton-Woods-System beitrat. Nach Hyperinflation, der großen Depression und langem Krieg herrschte wieder Zuversicht in der Weltwirtschaft. Der Handel boomte, vor allem in Europa und Japan stieg der Lebensstandard rapide.

Bretton Woods war ein Machtkampf

Rückblickend klingt das alles so einfach. Doch Bretton Woods war in Wirklichkeit ein harter Machtkampf zwischen den Alliierten USA und Großbritannien. Auf britischer Seite stritt der Ökonom John Maynard Keynes, damals Berater des Schatzamtes, für den endgültigen Abschied vom Goldstandard und eine Art Weltzentralbank mit eigener Währung.

Auf der Gegenseite wollte der US-Verhandlungsführer Harry Dexter White den Dollar ins Zentrum stellen, dessen Wert schon seit Jahren an das Gold gebunden war. Der Amerikaner setzte sich durch: Die anderen Währungen wurden fest an den Dollar gekoppelt, so dass sie indirekt auch zu „Goldwährungen“ wurden. Die USA verpflichteten sich, auf Anfrage das Dollar-Guthaben anderer Länder in Gold einzutauschen.

Keynes gegen White

Beide Systeme hatten einen gravierenden Unterschied: Keynes wollte die Länder dazu bringen, mit Hilfe von Auf- und Abwertung ihrer Währungen stets ihre Zahlungsbilanzen auszugleichen. Whites Plan, dessen Land damals eine Exportmacht war, erlaubte hingegen allein den Importnationen, ihre Währungen entscheidend abzuwerten. Der IWF sollte die notwendigen Anpassungen unterstützen und überwachen.

Blick in den Tagungsraum von Bretton Woods. Das Ziel, eine Stabilität der Wechselkurse zu erreichen, sollte durch die Bindung des US-Dollar ans Gold sowie feste Wechselkurse der übrigen Währungen gegenüber der Leitwährung erreicht werden.
Blick in den Tagungsraum von Bretton Woods. Das Ziel, eine Stabilität der Wechselkurse zu erreichen, sollte durch die Bindung des US-Dollar ans Gold sowie feste Wechselkurse der übrigen Währungen gegenüber der Leitwährung erreicht werden.

© UPI/dpa

Resultat war ein starres, einseitiges System, das nicht mit den raschen Veränderungen in der Weltwirtschaft mithielt. Während Länder wie Deutschland bei Exporten zulegten, rutschte die US-Zahlungsbilanz etwa durch große Kosten für Entwicklungshilfe und Militäreinsätze tief ins Minus - das Land überschwemmte die Welt mit dem überteuerten Dollar. Die Empfänger beklagten die „importierte Inflation“.

Die Goldvorräte in Fort Knox schmolzen dahin

Das ging nicht lange gut. 1960 gab es eine erste Misstrauenswelle gegen den Dollar mit einer kurzen, heftigen Goldspekulation. 1965 griff Frankreichs Präsident Charles de Gaulle die Vorherrschaft der US-Währung direkt an. Die Notenbank in Paris tauschte Millionen von Dollar gegen Gold. Andere Länder folgten. Von 1948 bis 1971 schmolzen die Goldvorräte in Fort Knox auf weniger als die Hälfte zusammen.

Im August 1971 löste US-Präsident Richard Nixon schließlich seine aufgeweichte Währung vom Gold. Die Absicht des Mannes im Weißen Haus war zwar nicht, damit ein System flexibler Wechselkurse zu schaffen. Doch die Versuche, den Dollar erneut ans Gold zu binden, scheiterten.

Im März 1973 brach dieser Teil des Bretton-Woods-System zusammen.

Amerika sichert seinen Einfluss

Doch der IWF und die Weltbank überlebten, sind mit 188 Mitgliedern größer denn je und feiern nun ihren 70. Geburtstag. Spätestens seit der Euro-Krise gilt der Währungsfonds wieder als eine der mächtigsten Organisationen, die weltweit Finanzsysteme überwacht, um bei schweren Schieflagen von Staaten einzugreifen. Ihre Kredite sind meist an harten Auflagen wie die Sanierung der Staatsfinanzen geknüpft.

Auch die Weltbank als größter Geldgeber für Entwicklungshilfe macht strenge Vorgaben, bevor sie Mittel für Infrastrukturmaßnahmen, den Kampf gegen Armut oder Umweltprojekten vergibt. Beide Institutionen werden noch immer vom größten Anteilseigner USA dominiert, und so ist das Hauptresultat der Bretton-Woods-Konferenz bis heute gültig: Amerika hat mit Abstand den größten Einfluss auf die Weltwirtschaft. dpa

Marco Mierke

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