zum Hauptinhalt
Seht her. Kassel hat nicht nur das frisch restaurierte Herkules-Denkmal zu bieten. Inzwischen gibt es auch immer mehr Arbeitsplätze.

© dapd

Ab nach Kassel: Im Städtevergleich siegen München und Kassel

Die nordhessische Stadt ist die dynamischste, behauptet ein großer Vergleich. München liegt in der Gesamtwertung vorne, Berlin kommt da nicht mit.

Von Katrin Schulze

Napoleon III. gilt als erster Adressat des Spruchs. „Ab nach Kassel“ riefen ihm die Deutschen auf seinem Weg in den Arrest nach Kassel-Wilhelmshöhe entgegen, so besagt es die Überlieferung. Sollte heißen: Mach dich vom Acker, hau’ ab ins Nirgendwo! Nun, fast 150 Jahre später, ist es Zeit für eine freundlichere Auslegung dieser Redewendung. Ab nach Kassel: zum Arbeiten, zum Leben, zum Wohlfühlen. Denn lange nach des Kaisers Zeiten hat sich die nordhessische Stadt zur dynamischsten Deutschlands entwickelt. Das ist das Ergebnis eines bundesweiten Städtevergleichs, den die arbeitgebernahe Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) in Zusammenarbeit mit der „Wirtschaftswoche“ am Freitag vorgelegt hat.

Von einer „großen Überraschung“ spricht INSM-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr in Bezug auf Kassel, wo die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in den vergangenen fünf Jahren um 14 Prozent gewachsen ist. Diese und ähnliche Indikatoren wie Kaufkraft, Beschäftigung, Infrastruktur und Bildungsniveau liegen dem Ranking zugrunde. Das ewig unterschätzte Kassel hat dabei zwar den größten Sprung unter den 50 Städten gemacht, in punkto Status quo liegt allerdings immer noch München ganz weit vorn. Keine Stadt in Deutschland ist attraktiver, nirgends ist die Wirtschaftskraft größer – und das schon seit Jahren. Sogar die Rückkehr zur „Vollbeschäftigung“ prognostiziert das INSM bereits, sollte es denn in der bayrischen Metropole mit den Arbeitsmarktdaten weiter so gehen. Überhaupt der Süden: Alle sieben bayrischen- und baden-württembergischen Städte liegen beim Ranking im oberen Drittel. Und Berlin?

Die Hauptstadt hat sich gut entwickelt, sie „wird reicher, aber bleibt sexy“, fasst Pellengahr zusammen. „Dennoch liegt Einiges im Argen.“ Mehr Arbeitsplätzen und einer größeren Wirtschaftsleistung stehen in Berlin überdurchschnittlich viele Empfänger von Arbeitslosengeld II gegenüber. „Es besteht die Gefahr eines weiteren Auseinandergehens der sozialen Schere“, sagt der INSM-Geschäftsführer. Auch deshalb befindet sich Berlin insgesamt nur auf dem 47. Platz der Untersuchung, hinter Städten wie Hagen, Bochum oder Hamm.

Obendrein wirkten sich eine hohe Zahl an Schulabbrechern und eine schlechte Berurteilung der Verwaltung negativ für Berlin aus. In einer Umfrage attestierten Firmen demnach, dass die Stadt wenig wirtschaftsfreundlich und noch schlechter in der Kategorie öffentliche Sicherheit ist. Projektleiter Florian von Hennet sieht den neuen rot-schwarzen Senat in der Pflicht. Er fordert ihn dazu auf, „einerseits Katalysator für ein noch schneller wachsendes neues Berlin zu sein und andererseits Milieus mit verfestigter Arbeitslosigkeit und vererbter Bildungsarmut mitzunehmen“.

Einigen Städten Ostdeutschlands ist das bisweilen schon ganz gut gelungen. Besonders jene, in denen sich Großunternehmen angesiedelt haben, schneiden im Ranking gut ab. „Die Daten legen nahe, dass die Metropolen der neuen Bundesländer in einen selbsttragenden Aufstieg eingestiegen sind“, sagt von Hennet. „Sie punkten vor allem bei der Arbeitsmarktentwicklung und viele gewinnen in einem Umfeld allgemeinen Bevölkerungsschwundes neue Einwohner.“ Dresden und Magdeburg beispielsweise liegen nicht nur vor der Hauptstadt, sondern haben längst auch die meisten Städte in Nordrhein-Westfalen überholt, von denen mittlerweile zwölf unter den letzten 15 der Studie liegen. Herne, Dortmund und Schlusslicht Gelsenkirchen sind die Verlierer des Städtevergleichs 2011. Aber nicht nur von dort aus dürfte man neidisch Richtung Kassel schauen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false