zum Hauptinhalt
Trübe Stimmung in Ulm: Der schwäbische Entwicklungsstandort soll geschlossen werden, ebenso wie ein Standort in Kanada und eine Fabrik in Finnland. Foto: dapd

© dapd

Abbau von 10.000 Stellen: Immer weniger Nokia

Erneut streicht der Handyhersteller tausende Arbeitsplätze, 730 sind es diesmal in Deutschland.

Berlin - Bei Nokia brennt es immer noch. Anfang vergangenen Jahres, bevor er die Strategiewende einleitete, verglich Konzernchef Stephen Elop den Zustand des Handyherstellers mit einer brennenden Ölplattform. Das Feuer ist noch nicht gelöscht. Erneut korrigiert Elop die Strategie und will weltweit weitere 10 000 Arbeitsplätze abbauen. Auch der Forschungs- und Entwicklungsstandort in Ulm soll geschlossen werden. Ende September verlieren dort 730 Mitarbeiter ihre Arbeit. Seit Anfang 2011 hat Nokia damit bereits mehr als 40 000 Stellenstreichungen angekündigt. Ende März arbeiteten noch 53 500 Menschen für den einstigen Weltmarktführer.

Noch vor wenigen Jahren strebte Nokia bei Handys nach einem weltweiten Marktanteil von 40 Prozent. Doch als Apple sein iPhone und Google sein Betriebssystem Android für Smartphones auf den Markt brachten, konnte der finnische Hersteller dem nichts entgegensetzen. Mit dem Siegeszug der Smartphones begannen Nokias Marktanteile zu schrumpfen. Nach den Zahlen des Marktforschers Gartner verkaufte Nokia im ersten Quartal des Jahres weltweit 83 Millionen Geräte und wurde daher zum ersten Mal von Samsung überholt, die fast 87 Millionen verkauften. Bei Smartphones hat Nokia nur einen Marktanteil von 9,2 Prozent, Android kommt mit verschiedenen Herstellern auf 56 und Apple auf 23 Prozent.

Mit den einfacheren Geräten, die Nokia immer noch massenweise verkauft, lässt sich kaum Geld verdienen. Probleme bereitet auch der Netzwerkausrüster Nokia Siemens Networks. Allein im ersten Quartal des Jahres machte Nokia so fast eine Milliarde Euro Verlust. Gemeinsam mit Microsoft will der Konzern im Smartphone-Markt eine dritte Kraft aufbauen. Hoffnungsträger ist die Lumia-Produktreihe, von der Nokia im ersten Quartal zwei Millionen Stück verkaufte.

Am Donnerstag kündigte Elop an, verstärkt in die Lumia-Reihe investieren zu wollen. Dazu passt die Ankündigung, den Bildsoftware-Spezialisten Scalado übernehmen zu wollen. Dagegen verkauft der Konzern seinen Luxus-Handyhersteller Vertu, bei dem das Einsteigermodell 4000 Euro kostete. Zu welchem Preis der Finanzinvestor EQT VI Vertu übernimmt, teilte Nokia nicht mit. Elop will künftig einen stärkeren Schwerpunkt auf das Angebot ortsbezogener Dienste ( Location Based Services) legen. Das ist eine gute Nachricht für Berlin (siehe Kasten).

Dafür gibt es Kürzungen in anderen Bereichen. Neben Ulm werden auch ein Standort in Kanada und eine Fabrik in Finnland geschlossen. Allein in Nokias Heimatland sollen 3700 Jobs verschwinden. Für den Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner kommt die Entscheidung überraschend. Vor kurzem sei noch über Ausbaupläne in Ulm gesprochen worden. Jetzt sagte Elop, die Beschäftigten in Ulm arbeiteten an Projekten, die Nokia nicht mehr fortführen werde. Vier Jahre nach der Schließung des Handy-Werkes in Bochum halbiert Nokia damit die Zahl seiner Beschäftigten in Deutschland.

Gartner-Analystin Carolina Milanesi hält die von Nokia eingeleiteten Schritte für richtig. Der Konzern werde zwar nicht zu alten Marktanteilen zurückkehren, aber in die Lage versetzt, ein relevanter Spieler im Markt zu bleiben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false