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Viele Flüchtlinge finden auf dem Arbeitsmarkt keine Anstellung und machen sich selbstständig.

© dpa

Abbruchquote höher: Migranten mit mehr Gründergeist

Migranten gründen öfter eine eigene Firma als Inländer. Für viele ist der Schritt in die Eigenständigkeit auch die Flucht nach vorn.

Migranten haben zwischen 2009 und 2014 häufiger ein Unternehmen gegründet als die Bevölkerung in Deutschland insgesamt. Sie spielten deshalb eine große Rolle im Gründergeschehen in Deutschland und schafften auch viele Arbeitsplätze, sagte Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der bundeseigenen Förderbank KfW am Montag. Das Institut unterstützt Unternehmensgründer durch günstige Kredite. „Rund jeder fünfte Gründer hat eine ausländische Staatsbürgerschaft oder die deutsche Staatsbürgerschaft erst nach der Geburt erworben“, betonte der Ökonom. Die KfW hat ihre Daten mit Blick auf Migranten gesondert ausgewertet.

Flucht nach vorn

Allein 2014 haben demnach 179 000 Migranten ein neues Unternehmen gegründet. Mehr als zwei Drittel kommen aus dem Dienstleistungssektor und rund 20 Prozent aus dem Handel. Insgesamt hatten im untersuchten Jahr 915 000 Menschen hierzulande den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt. Die jährliche Gründerquote von Migranten liegt im Durchschnitt von 2009 bis 2014 bei 1,86 Prozent und damit höher als die Gründerquote im Allgemeinen, die die KfW mit 1,68 Prozent angibt.

Grund für die häufigeren Gründungen durch Migranten ist nach Angaben Zeuners deren oft schwierige Lage auf dem Arbeitsmarkt. Sie starteten öfter mit einer eigenen Firma, weil sie keine attraktivere Erwerbsmöglichkeit hätten. Sie seien deshalb vor der Gründung auch häufiger arbeitslos. „Dennoch schaffen Migranten häufiger und mehr Arbeitsplätze.“ Mit ihrer größeren Gründungsneigung und dem höherem Beschäftigungseffekt leisteten Migranten einen „wichtigen Beitrag zum Gründungsgeschehen“.

Migranten mit mehr Problemen bei Finanzierung

Zeuner zufolge beschäftigte jeder vierte Migrant 2013 und 2014 bei einer Neugründung einen zusätzlichen Mitarbeiter. Häufig hänge dies auch damit zusammen, dass sie bestehende Firmen mit Mitarbeitern übernähmen. Von Unternehmensgründern wurden laut der Studie zwischen 2011 und 2014 jedes Jahr insgesamt 611 000 neue Vollzeit-Arbeitsplätze geschaffen, 400 000 für die Gründer selbst, 211 000 für Mitarbeiter. Auf Migranten seien davon 21 Prozent entfallen, also gut 128 000 pro Jahr oder 512 000 in den betreffenden vier Jahren.

Dies haben die Migranten geschafft, obwohl sie sich, so die Analyse, größeren Hemmnissen gegenüber sehen als deutsche Gründer. 28 Prozent hatten Probleme mit der Finanzierung, über alle Gründer betrachtet waren es 20 Prozent.

Abbruchquote unter Migranten höher

Migranten geben ihre Gründung häufiger und schneller auf als andere Gründer – nach drei Jahren sind es 40 Prozent. Migranten, die ein Unternehmen gründen, sind nach Datenlage jünger als deutsche Gründer. Zudem seien viele im Handel tätig, wo die Abbruchquote ohnehin höher liegt. Für Zeuner ist gleichwohl klar: „Für das Abbruchrisiko ist nicht die Staatsangehörigkeit der entscheidende Faktor, sondern die Erfahrung und das Wissen der Gründer sowie welche Projekte sie verwirklicht haben.“ Bietet sich auf dem Arbeitsmarkt ein attraktiver Job, sind sie schneller bereit, ihre Selbstständigkeit aufzugeben.

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