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Kein Bedarf. Das DIW sieht für den Braunkohletagebau keine Zukunft. Braunkohle schadet dem Klima, und ihre Verbrennung bringt auch kaum noch etwas ein. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Wirtschaft: Abgebaggert

Das DIW sieht für Braunkohle keinen Bedarf mehr. Die Solar-Förderung bleibt umstritten.

Berlin - Weder neue Braunkohlekraftwerke noch Tagebaue sind für die Energiewende noch notwendig. Das ist das Fazit einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die am Mittwoch veröffentlicht wurde. Die Autoren um den Berliner Professor Christian von Hirschhausen, der an der Technischen Universität Infrastrukturpolitik lehrt, rechnen bis 2045 mit einem Ende der Braunkohlenutzung in Deutschland.

Damit nimmt das DIW eine Gegenposition zur Deutschen Energieagentur (Dena) ein, die im Sommer im Auftrag des Energiekonzerns RWE eine Studie vorgelegt hatte, die noch im Jahr 2050 mit 60 Prozent gesicherter Leistung aus fossilen Kraftwerken rechnet und der Braunkohle dementsprechend noch eine bedeutende Zukunft vorhersagt. Die DIW-Studie weist dagegen nach, dass sich der Bau eines Braunkohlekraftwerks betriebswirtschaftlich schon jetzt nicht mehr lohnt. Lediglich unter höchst unwahrscheinlichen Annahmen ließen sich die Kapitalkosten noch erwirtschaften. Dazu dürfte der europäische Handel mit Kohlendioxid-Zertifikaten nämlich weiterhin nicht mehr in Gang kommen, und der Zertifikatepreis müsste auch im Jahr 2032 noch unter 15 Euro für eine Tonne CO2 liegen. In diesem Jahr lag er zwar stabil unter zehn Euro. Doch die Europäische Union ist dabei, mehrere hundert Millionen CO2-Zertifikate stillzulegen, um den Preisverfall aufzuhalten. Zudem soll 2020 ein neues weltweites Klimaabkommen in Kraft treten.

Auf der anderen Seite stehen Braunkohlekraftwerke wegen des steigenden Anteils erneuerbarer Energien im Stromsystem unter doppeltem Druck: Die Kraftwerke können nicht mehr unter Volllast gefahren werden. Denn erneuerbar erzeugter Strom hat im Netz Vorrang. Gleichzeitig senkt der Solarstrom mittags die Preise an der Strombörse derart, dass Kraftwerke, die nicht mehr rund um die Uhr ihre Leistung ausnutzen und kontinuierlich Strom erzeugen können, im Betrieb immer unwirtschaftlicher werden. Unter diesen Bedingungen können Hirschhausen und seine Mitautoren Clemens Gerbaulet, Jonas Egerer und Pao-Yu Oei auch keine Notwendigkeit für neue Braunkohletagebaue erkennen. Die bereits genehmigten Abbaumengen reichten vollständig aus, um die bestehenden Braunkohlekraftwerke noch bis zum Ende ihrer Betriebszeit mit Brennstoff zu versorgen, argumentieren die Wissenschaftler.

Derweil entschied das Bundeskabinett am Mittwoch, dass künftig auch große Stromverbraucher stärker zur Stabilität der Stromnetze beitragen sollen. Es beschloss eine Verordnung zu abschaltbaren Lasten, die es den Netzbetreibern erleichtern soll, auf die je nach Wetterlage unterschiedlich starke Einspeisung von Sonnen- oder Windstrom zu reagieren. Das Bundeswirtschaftsministerium will die Netzbetreiber verpflichten, Kunden mit einer Kapazität von 1500 Megawatt zu finden, die bereit sind, notfalls binnen Sekunden vom Netz getrennt zu werden. Andere Großkunden sollen bei Engpässen mit einem Vorlauf von 15 Minuten abgeklemmt werden können. Für diese zunächst virtuelle Dienstleistung sollen die Firmen, seien es Kühlhäuser oder Industriebetriebe, mit 20 000 Euro pro Megawatt und Jahr belohnt werden. Und werden sie tatsächlich abgeklemmt, sollen sie eine Vergütung von 100 bis 500 Euro pro Megawattstunde nicht verbrauchten Stroms bekommen. Bezahlen sollen dafür einmal mehr die Stromverbraucher, die das Ganze aber nach Angaben der Regierung nicht mehr als vier Euro im Jahr kosten soll.

Im Umweltministerium haben Fachleute derweil darüber diskutiert, wie verhindert werden kann, dass Solarstrom für Eigenverbraucher künftig zu billig wird. Beim ersten EEG-Dialog über die Zukunft des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ging es um die Solarenergie. Da die Einspeisevergütung für den Solarstrom inzwischen deutlich unter die Preise für Haushaltsstrom aus dem Netz gefallen ist, wird der Eigenverbrauch immer attraktiver. Umweltminister Peter Altmaier (CDU) sieht für die kränkelnde deutsche Solarindustrie da neue Märkte. Dagegen warnte Dena-Chef Stephan Kohler vor einer Entsolidarisierung der Eigenverbraucher. Denn diese würden sich ja wohl kaum vom Stromnetz abkoppeln. Damit stiegen aber die Kosten für die Systemdienstleistungen wie das Stromnetz. Kohler brachte eine Grundgebühr für die Netznutzung ins Gespräch. Über eine andere Forderung aus der Industrie will Peter Altmaier allerdings selbst bei einer umfassenden EEG-Reform nicht diskutieren. Den Vorrang der erneuerbaren Energien bei der Netzeinspeisung will er verteidigen.

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