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Ackermanns Abschied: Razzia in der Vorstandsetage

Staatsanwälte und Ermittler durchsuchen Büros und Wohnungen von Josef Ackermann und seinen Kollegen. Es geht um Aussagen im Kirch-Prozess.

Die Razzia fand bereits vergangene Woche statt. Etwa 30 Beamte durchsuchten die Vorstandsbüros von Josef Ackermann und seinen Kollegen in der Zentrale der Deutschen Bank an der Frankfurter Taunusanlage. „Die haben überall herumgewühlt“, beschreibt ein Insider das Vorgehen. Bereits am Dienstag sei auch das Privathaus des früheren Bankchefs Rolf Breuer von Staatsanwälten und Ermittlern durchsucht worden. Um halb sieben am Morgen hätten sie das Haus in Frankfurt gestürmt. Der 74-jährige, schwerhörige Breuer habe noch im Bett gelegen. „Er hat erst sein Hörgerät einschalten müssen. Der Ton der Ermittler war äußerst ruppig, so als ob es um einen Schwerverbrecher oder ein Drogenkartell geht“, sagt ein Insider. Auch in Breuers Ferienwohnung in Österreich sahen sich die Ermittler um.

Hintergrund ist der erbitterte Rechtsstreit um die Pleite des im Sommer verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch vor dem Münchner Oberlandesgericht, bei dem es um Schadenersatz in Milliardenhöhe geht. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt gegen Ackermann, Aufsichtsratschef Clemens Börsig, Ex-Vorstandschef Rolf Breuer und Ex-Personal-Vorstand Tessen von Heydebreck wegen uneidlicher Falschaussage und Prozessbetrug. Die Banker sollen vor Gericht gelogen haben. Die Deutsche Bank weist die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft München als „haltlos und ihr Vorgehen als unverhältnismäßig“ zurück. Man sei überzeugt, dass sich die Vorwürfe als unbegründet erweisen würden, hieß es in einer Stellungnahme.

Eigentlich hätte die als Zeugin geladene Verlegerin Friede Springer im Prozess aussagen sollen. Doch dazu kam es am Montag nicht: Die Anwälte der Deutschen Bank stellten einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Guido Kotschy (Akt: 5U 2472/09). Alle weiteren Verhandlungstermine wurden erst einmal abgesagt. Die Anwälte hielten dem 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts und den Staatsanwälten eine seit März laufende allzu enge Kooperation und unzulässige Absprachen vor, die letztlich zu den jetzigen Durchsuchungen und den Ermittlungsverfahren geführt hätten. Davon hätten die Anwälte der Bank erst jetzt nach Akteneinsicht erfahren. Die Juristen beklagten auch eine sehr enge Beziehung zwischen den Staatsanwälten und den Kirch-Anwälten um den CSU-Politiker Peter Gauweiler.

Auslöser der aktuellen Ermittlungen ist das Protokoll einer Vorstandssitzung der Deutschen Bank, in der es auch um das Verhalten der Bank gegenüber der Kirch- Gruppe ging. Das Gericht hat den Anwälten der Bank zufolge eine eigene Auslegung dieses Protokolls. Ackermann hatte Richter Kotschy am 19. Mai Rede und Antwort über die Vorstandssitzung vom 29. Januar 2002 gestanden, die vor der Pleite Kirchs und vor einem Interview Breuers stattfand, in dem der damalige Bankchef die Kreditwürdigkeit Kirchs öffentlich anzweifelte. Das englischsprachige Protokoll der Sitzung vermerkt, dass die Bank erwäge, Kirch ein Mandat anzubieten – also beratend für den Medienunternehmer tätig zu werden. Nach den Aussagen von Ackermann, Börsig und Breuer hatte die Bank aber nicht wirklich ein Interesse an einem Mandat von Kirch. Kotschy machte mehrfach deutlich, dass er einen Widerspruch zwischen Protokoll und Aussage sehe – und damit möglicherweise einen Hinweis darauf, dass die Bank mit Kirch eine engere Geschäftsbeziehung angestrebt haben könne. Dann müssten Breuers Interview-Aussagen möglicherweise anders gewichtet werden, denn über die Lage von Mandanten haben Banker eigentlich zu schweigen.

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