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„Wir nehmen sämtliche Vorwürfe sehr ernst und werden nicht ruhen, bis alles aufgeklärt ist - mit dem Ziel, die Glaubwürdigkeit des ADAC wiederherzustellen“, versprach ADAC-Präsident Peter Meyer.

© dpa

ADAC: Weitere Fälschungen bei „Lieblingsauto“-Wahl?

Europas größter Autoclub steht vor vielen Baustellen: Umstrittene Hubschrauberflüge, eine teure Villa - und vielleicht noch schlimmere Fälschungen beim Autopreis: Wurde auch das Ranking manipuliert? Prüfer untersuchen diese Frage im Auftrag des ADAC.

Beim ADAC ist eine Stelle frei. Der von Skandalen erschütterte Autoklub sucht derzeit einen „Referenten für politische Beziehungen“, ab sofort und in Teilzeit – Einsatzort Berlin. Gefragt sind Bewerber mit „Ausdauer, Beharrlichkeit und Fingerspitzengefühl in der Verfolgung von Themen“.

Vor dem Wochenende lieferte Präsident Peter Meyer einen weiteren Grund dafür, warum der Klub beharrliche und ausdauernde Aufklärungsarbeit in eigener Sache nötig hat. In einem Interview mit der hauseigenen und auflagenstarken Zeitschrift „Motorwelt“ dementierte Meyer nicht, dass es weitere Manipulationen beim „Gelben Engel“ gegeben habe. Die Auszeichnung zum beliebtesten Auto der Deutschen hatte vor drei Wochen der VW Golf bekommen – doch anschließend kam heraus, dass die Zahl der Umfrageteilnehmer um den Faktor zehn nach oben manipuliert worden war. An den Daten gedreht hatte ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter. Was mancher bereits vermutete, schließt Meyer nun nicht mehr aus: Ramstetter könnte auch die Reihenfolge der Preisträger verändert haben. Statt des Golf könnten also auch der A3 von Audi (Platz zwei) oder die A- Klasse von Mercedes (Platz drei) den Preis gewonnen haben. Wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre.

„Wir haben das Eingeständnis, dass die Zahl der absoluten Stimmen, nicht aber die Reihenfolge der Preisträger verändert wurde“, sagte Meyer. Das Eingeständnis stamme von Ramstetter, Zweifel sind also angebracht. Die Prüfungsgesellschaft Deloitte, die der ADAC jüngst beauftragte, soll nun die Wahrheit herausfinden. Sie wird auch andere Kategorien des für die Branche wichtigen Preises überprüfen.

Meyer sagte der „Motorwelt“, den „Gelben Engel“ werde es „in der bisherigen Form“ nicht mehr geben. „Wir stellen das gesamte Paket auf den Prüfstand.“ Die Zeitschrift, die jeden Monat knapp 15 Millionen Leser erreicht, macht ihre aktuelle Ausgabe mit dem Titel „Die Krise als Chance“ auf. Klub-Präsident Meyer räumte in dem Interview ein, die Regeln des ADAC für eine verantwortliche Unternehmensführung (Compliance) seien „offensichtlich nicht ausreichend“. Am Ende komme es jedoch auf jeden einzelnen Mitarbeiter und seine Integrität an. Der Präsident sagte zu, Struktur und Abläufe des Autoklubs würden überprüft und gegebenenfalls neu ausgerichtet. Dabei werde auch nicht vor den Wirtschaftsaktivitäten des ADAC haltgemacht. Der Klub setzte mit seinen zahlreichen Tochterfirmen zuletzt gut eine Milliarde Euro um. 2012 knackte der Verein außerdem erstmals die Milliarden-Euro-Grenze bei den Mitgliedsbeiträgen.

Ausdrücklich kündigte Meyer auch eine Überprüfung des Test- und Technikzentrums in Landsberg am Lech an. Neben dem Pannendienst und der Luftrettung waren es besonders die Tests des Autoklubs, die den ADAC zu einer glaubwürdigen Instanz für den Verbraucherschutz gemacht hatten. Mitarbeiter berichten allerdings, auch die Testergebnisse seien von Kommunikationschef Ramstetter vor der Veröffentlichung „interpretiert“ worden. In der Branche wird inzwischen auch offen über das zweifelhafte Zustandekommen von Werkstatt-Tests und der Pannenstatistik gesprochen, die der ADAC jedes Jahr veröffentlicht.

Es sei regelmäßig vorgekommen, dass Autohersteller vorab vom ADAC darüber informiert worden seien, wenn ihre Vertragswerkstätten getestet werden sollten. „Da wurde die Geschäftsführung vorher angerufen und die Kollegen haben sich lustig darüber gemacht, wenn es hieß: Achtung, da kommt ein ADAC-Testwagen in den Service“, sagte ein Mitarbeiter einer großen Hersteller-Niederlassung in Berlin dem Tagesspiegel. Wenig aussagekräftig ist offenbar auch die Pannenstatistik. Da zahlreiche Autohersteller Service- Verträge mit dem ADAC abgeschlossen haben („Mobilitätsgarantie“), sind die „Gelben Engel“ häufig im Dienst einer Automarke als Pannenhelfer unterwegs. In der Statistik des Klubs, die ein Gradmesser für die Qualität eines Autos sein soll, tauchen diese Einsätze aber nicht auf.

Nach dem „Deutschlandtrend“ im ARD-Morgenmagazin vom Freitag sind 67 Prozent der Bürger der Meinung, der ADAC solle sich stärker auf die Pannenhilfe konzentrieren. Nur jeder vierte Befragte (24 Prozent) findet es demnach richtig, dass der Club auch Finanzdienstleistungen oder Autovermietungen anbietet. Infratest dimap hatte im Auftrag des ARD-Morgenmagazins 1000 wahlberechtigte Bundesbürger befragt.

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