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Wirtschaft: Ärger mit den Geister-Einheiten der Telekom

Telefonrechnungen bergen Überraschungen / Auch für Gespräche, die nicht zustande kamen, wird kassiertVON JOACHIM HOFEREinen ganzen Monat lang hat Adelheid Scholten immer wieder versucht, ein Fax nach Israel zu schicken.Tag für Tag hat sie ihr Faxgerät angestellt - vergebens, sie kam nie durch.

Telefonrechnungen bergen Überraschungen / Auch für Gespräche, die nicht zustande kamen, wird kassiertVON JOACHIM HOFER

Einen ganzen Monat lang hat Adelheid Scholten immer wieder versucht, ein Fax nach Israel zu schicken.Tag für Tag hat sie ihr Faxgerät angestellt - vergebens, sie kam nie durch.Wie sich später herausstellte, hatte ihr Partner eine neue Nummer bekommen.Was die junge Frau verblüffte, war allerdings die Rechnung der Telekom: Obwohl ihr Fax nie in Israel ankam, schlugen allein die Versuche mit über 30 DM zu Buche."Die nehmen etwas für nichterfolgte Leistungen", ärgerte sie sich.Und noch etwas störte Scholten: "Ich wäre nie darauf gekommen, wenn ich in diesem Monat noch andere Gespräche in dieser Entfernungszone geführt hätte." Dann wären die Versuche womöglich in einer Vielzahl anderer Anrufe untergegangen.Die Telekom weist jede Schuld von sich: "Wenn keine Verbindung zustandekommt, kostet es auch nichts.Egal ob im In- oder Ausland", beteuert die Konzernzentrale in Bonn.Selbst wenn das Fax nicht durchkam, müsse zumindest technisch eine Verbindung zu dem Anschluß in Israel hergestellt worden sein, sagt die Telekom. Der Verbraucher-Zentrale Nordrhein-Westfalen ist dieses Problem nicht neu: Die Verbraucherschützer sprechen in diesem Zusammenhang von "Geister-Einheiten".So weiß man in Düsseldorf von Telefonkunden, die für Gespräche bezahlen mußten, die sie gar nicht geführt hatten und in denen kein Wort gesprochen wurde.Verantwortlich für die anfallenden Gebühren seien Telefone mit Faxumschalter und Nebenstellenanlagen.Telefon-Faxgeräte, erklärt Verbraucherschützer Georg Tryba, würden in ankommende Anrufe hineinhorchen, ob es sich um ein Gespräch oder ein Fax handele.Der Anrufer am anderen Ende der Leitung merkt davon nichts, hört nur das Klingeln.Für die Telefongesellschaft ist die Verbindung mit dem Horchen aber bereits zustandegekommen - und dafür wird kassiert. Besitzer von Faxkombis könnten ihren Anrufern die nutzlosen Einheiten nur dann ersparen, wenn sie die Horchphase erst nach längerem Klingeln aktivieren würden, empfiehlt Tryba.So würden nur die wirklich hartnäckigen Anrufer zur Kasse gebeten, die es lange klingeln lassen. Zur Kasse gebeten werden auch Leute, die bei Behörden und Unternehmen mit Nebenstellenanlagen anrufen, wenn Kollege A seinen Apparat auf Kollege B umstellt.Wird der Anruf weitergeleitet und Kollege B ist nicht am Platz oder spricht gerade, schlägt sich das ebenso in der Rechnung nieder.Denn: Für die Telefonfirma stand die Leitung - und sei es nur für wenige Sekunden.Eine einheitensparende Lösung kann hier aber der Techniker der Nebenstellenanlage leicht einstellen, so Tryba. Auf dem Einzelverbindungsnachweis der Telekom tauchen die "Geister-Einheiten" in der Regel als Verbindungen auf, die nur wenige Sekunden gedauert haben.Viele Menschen hätten die "Geister-Einheiten" überhaupt erst durch den Einzelnachweis entdeckt, sagt Tryba.Die detaillierte Aufstellung aller Gespräche verschickt die Telekom monatlich gegen eine Einmal-Gebühr von 19 DM.Penibel wird jede Verbindung aufgelistet: Datum, Uhrzeit, Dauer, gewählte Rufnummer, Zielort, Einheiten und Kosten kann der Anschlußinhaber übersichtlich nachschauen. Auch bei Adelheid Scholten muß eine Verbindung zustande gekommen sein, betont die Telekom, sonst hätte sie nichts zahlen müssen.Die empörte Kundin beschwerte sich dennoch bei dem Telefongiganten.Sie forderte ihr Geld zurück und hatte schließlich Erfolg.Im Gespräch mit der Berliner Telekom-Abrechnungsstelle blieb sie hartnäêkig und bekam ihre Auslagen erstattet."Nicht alles - aber immerhin den größten Teil", tröstet sich die Telekom-Kundin. Im Wortwechsel mit der Dame vom Amt hatte die ihr zunächst einen Einzelverbindungsnachweis empfohlen.An sich eine sinnvolle Sache, doch "mein Fax spuckt immer Sendeprotokolle aus.Da weiß ich doch eh, ob das Fax angekommen ist oder nicht".Es blieb nur die Drohung mit dem Wechsel zu einer anderen Firma."Es ging dann eine Weile", erinnert sich Scholten, "und ich bekam die Zusage, daß ich mein Geld zurückbekommen würde".Auf der neuesten Abrechnung ist ihr der größte Teil gutgeschrieben worden. Für Georg Tryba ist die Rückerstattung die Ausnahme, eine harte Haltung der Telekom die Regel.Andere Telefonfirmen würden sich genau gleich verhalten - und bei Mobilfunkbetreibern kann eine Einheit ein Vielfaches der Telekompreise kosten.Adelheid Scholten hat ihre Konsequenzen aus dem Ärger mit der Telekom gezogen.Zumindest eines wird sie in Zukunft nicht mehr tun: das Faxgerät auf Wahlwiederholung stellen.Denn um Geld zu sparen, hatte sie ihr Fax auf die kostengünstigen Nachtstunden programmiert, mit der Folge, daß das Gerät - erfolglos - immer wieder wählte.Ein teurer Sparversuch.

JOACHIM HOFER

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