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Wirtschaft: Ärzte nennen Gesundheitsreform Mogelei

Zum Auftakt des Ärztetages lieferten sich Gesundheitsministerin Schmidt und Mediziner offenen Schlagabtausch

Köln (tas). Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat vor dem deutschen Ärztetag die geplante Gesundheitsreform verteidigt und sich dabei einen Schlagabtausch mit Ärztelobbyisten geliefert. Schmidt sagte am Dienstag vor dem MedizinerKongress in Köln: „Ich kann sie nicht alle zu Millionären machen.“ Darauf antwortete Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer: „Wir wollen keine Millionäre sein. Ich möchte auch, dass die Assoziation Arzt und Geld nicht das Wichtigste ist, das in der Öffentlichkeit ankommt.“

Schmidt sagte vor dem Ärztetag, „die Kostensenkungspolitik im Gesundheitswesen ist jetzt an ein Ende gekommen“. Nun seien Strukturveränderungen notwendig, die auch die Ärzte beträfen. „Die Reform ist keine Reform gegen die Ärzte, es wird aber auch kein Weg sein, wo niemand sich verändern muss“, sagte Schmidt. Ziel der Gesundheitsreform sei eindeutig der Erhalt und die Verbesserung der Versorgungsleistung. „Ich will, dass weiterhin gilt: Wer krank wird, bekommt das, was er medizinisch braucht.“

Die etwa 250 versammelten Ärzte kommentierten Schmidts Pläne mit zum Teil lautstarker Kritik. Hoppe bezeichnete den fast 400-seitigen Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform als „Mogelpackung“. Wo Qualitätsverbesserung draufstehe, sei Leistungsverschlechterung drin. „Kernpunkt der Gesundheitsreform ist die Rationierung“, sagte Hoppe, und die gehe auf Kosten der Patienten. „Ich schlage vor, wir zwei machen einen ganz neuen Gesetzestext“, wandte sich Hoppe an die Gesundheitsministerin und bot ihr Gespräche über eine Zusammenarbeit an der Gesundheitsreform an.

Schmidt sagte, einige Anregungen und Kritikpunkte der Mediziner seien bereits in den Gesetzesentwurf eingearbeitet worden. Sie biete für das weitere Gesetzgebungsverfahren einen fairen Dialog an. „Überzeugen Sie mich mit guten Argumenten und dann finden wir einen Weg.“ Die Ministerin plant mit ihrer Reform teilweise drastische Veränderungen für die deutsche Ärzteschaft. So sollen Patienten 15 Euro bezahlen müssen, wenn sie ohne Überweisung durch den Hausarzt einen Facharzt aufsuchen. Außerdem ist geplant, dass ein Zentrum für Qualität in der Medizin in Zukunft Standards für die Behandlung bestimmter Krankheiten entwickelt. Die Anstalt soll durch Mediziner geführt werden und nicht durch das Ministerium. Aber gerade an diesem Institut entzündet sich die Kritik der Ärzte, weil sie eine Bevormundung durch eine Behörde fürchten. Hoppe: „Käme das Gesetz, würde eine Überwachungsbürokratie eingeführt, die nicht akzeptabel ist.“ Der Arzt sei nur noch ein Vollstrecker. „Die Menschen wollen aber Ärzte, denen sie sich anvertrauen können, keine Gesundheitsmanager.“

Rückendeckung für ihre Reformpläne erhielt die Bundesgesundheitsministerin dagegen von ihrer Amtskollegin aus Düsseldorf. Die Gesundheitsministerin des Landes Nordrhein-Westfalen, Birgit Fischer (SPD) sagte: „Wir können die Produktivität der Gesundheitsversorgung steigern.“ Damit meinte die Landesministerin unter anderem auch die in Zukunft vorgesehene Vertragsfreiheit von Fachärzten. Vor allem junge Mediziner sollen Verträge über Preise und Leistungsumfänge direkt mit den Kassen aushandeln können. Auf diesem Wege verspricht sich das Gesundheitsministerium mehr Wettbewerb zwischen den Ärzten und niedrigere Preise bei der Behandlung. Ärztepräsident Hoppe kritisierte das Vorhaben jedoch als Einschränkung der freien Arztwahl: Vor der Behandlung müsste ein Patient sichergehen, dass sein Arzt auch mit seiner Krankenkasse zusammenarbeitet.

Höhere Tabaksteuer begrüßt

Neben der Kritik an der Gesundheitsreform gab es aber auch Zustimmung bei bestimmten Vorhaben der Regierung. Besonders positiv wurden die Planungen von Schmidt aufgenommen, den so genannten Arzt im Praktikum (AiP) abzuschaffen. Die Ministerin betonte, gerade jungen Ärzten müssten beim Start ins Berufsleben eine bessere Vergütung und überschaubare Arbeitszeiten geboten werden. Positiv äußerte sich Hoppe auch zur geplanten Öffnung der Krankenhäuser für spezielle ambulante Behandlungen. Zudem bekräftigte der Ärztepräsident seine Unterstützung für eine Erhöhung der Tabaksteuer, mit der künftig versicherungsfremde Leistungen der Kassen bei Schwanger- und Mutterschaft finanziert werden sollen. Vier Euro für eine Packung Zigaretten könnten dazu beitragen, die Zahl der jugendlichen Raucher zu senken, sagte Hoppe.

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