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Hartmut Mehdorn - seit September 2011 leitete er Air Berlin.

© dpa / picture-alliance

Air Berlin: Abflug von Sanierer Mehdorn

Mitten im Überlebenskampf verlässt Chef Mehdorn die kriselnde Air Berlin. Das neue schmerzhafte Sparprogramm soll jemand anders leiten. Für die Hauptstadt-Airline wird es nicht einfacher.

Für Air Berlin kommt es dicke. Der kampfbereite Sanierer Hartmut Mehdorn tritt ab und hinterlässt eine kriselnde Airline - nur wenige Stunden, nachdem der erneut verschobenen Start am neuen Hauptstadtflughafen bekanntwurde. Air Berlin hatte auf das Drehkreuz gesetzt, jetzt ist die Zukunft ungewiss. Trotzdem habe Mehdorns Rückzug nichts mit der Hiobsbotschaft zu tun, versichert Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft. Der Überlebenskampf der Airline dürfte noch einmal härter geworden sein.

„Ich gehöre zu den kleinen Dicken, die was aushalten“, hatte Reizfigur Hartmut Mehdorn zum Antritt 2011 verkündet. Er rettete Air Berlin über das vergangene Jahr. Jetzt aber tritt der ausgewiesene Sanierer mit 70 Jahren plötzlich ab. Gibt er auf? Fest steht: Der sonst so kampfbereite Mehdorn übergibt das Unternehmen zu einem kritischen Zeitpunkt.

Air Berlin fliegt seit Jahren in der Verlustzone. Den letzten Nettogewinn gab es 2007. Im Jahr 2011, als das Minus auf den Rekordwert von 272 Millionen Euro kletterte, kam Mehdorn für eine Rettungsmission: Als Chef der Deutschen Bahn hatte er aus operativ 1,5 Milliarden Euro Verlust einen Gewinn von 2,5 Milliarden Euro gemacht. Jetzt sollte er die Fluggesellschaft gesundschrumpfen.

Doch die Voraussetzungen sind denkbar schlecht: Europa gilt dem Luftfahrtverband IATA mit Wirtschaftsflaute, hohen Kerosinpreisen und der deutschen Flugsteuer als Problemzone Nummer eins. „Wir haben keine Wahl, wir müssen da jetzt durch“, lautete Mehdorns Maxime.

Gerade konnte der Manager („Diplomat wollte ich nie werden“) erste Erfolge ernten. Sein großer Coup, der Einstieg der arabischen Fluggesellschaft Etihad als Großaktionär, brachte einen dicken Kredit. Durch den Wegfall unrentabler Strecken und die geschrumpfte Flotte verbesserte sich das operative Ergebnis in neun Monaten um 170 Millionen Euro. 2012 sollte es einen Gewinn geben. Doch das reicht nicht, um Air Berlin zu retten. Alles müsse auf den Prüfstand, das werde schmerzhaft werden, kündigte Mehdorn an - Personalabbau nicht ausgeschlossen.

Ausgerechnet in dieser Situation sagt der Chef: „Jetzt ist die richtige Zeit für den Führungswechsel“. Das schmerzhafte Sparprogramm „Turbine“ will er nicht mehr leiten. Stattdessen soll der neue Mann auf dem Pilotensitz, Strategie-Vorstand Wolfgang Prock-Schauer, den Turnaround schaffen. Ein Rücktritt sei das nicht, heißt es bei Air Berlin. Mehdorn galt offiziell nur als Übergangslösung, sein Vertrag läuft 2013 aus. Trotzdem kommt der Schritt überraschend.

Der 56-jährige Prock-Schauer ist erst seit Herbst bei Air Berlin - das Unternehmen bezeichnet ihn als „anerkannten Airline-Experten“. Als er kam, horchte die Branche auf - der Österreicher könnte zu Höherem berufen sein. Doch sein letzter Sanierungsversuch bei der Lufthansa-Beteiligung British Midland (bmi) scheiterte: Die Airline kam nicht aus den roten Zahlen und wurde verkauft.

Zugleich werden die Probleme für Air Berlin nicht gerade kleiner. Etihad-Chef James Hogan sitzt seit 2012 im Aufsichtsrat der Airline. Prock-Schauer wird bei ihm wohl wenig zu sagen haben. Dazu die Pannen am Hauptstadtflughafen, wo Air Berlin sein Drehkreuz aufbauen wollte. Schon nach der dritten Verschiebung hatte die Airline „geschätzte Mehrkosten und sonstige Schäden in zweistelliger Millionenhöhe“ beklagt.

Von Mehdorn war man in solchen Situationen auch mal ein Wortgewitter gewohnt. Der neue Mann an der Spitze trägt das Herz weniger auf der Zunge und erklärt nur trocken: „Air Berlin steht vor großen Herausforderungen“. (dpa)

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