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Zwei Flugzeuge der Fluggesellschaft Air Berlin auf dem Rollfeld des Flughafens Berlin-Tegel.

© Sophia Kembowski/dpa

Air Berlin Bilanz 2015: Weniger Passagiere, weniger Umsatz, Rekordverlust

Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft Air Berlin hat im vergangenen Jahr fast eine halbe Milliarde Euro Verlust eingeflogen. Die Luft wird jetzt ganz dünn.

Air Berlin ist spät dran mit der Vorlage der Jahreszahlen für 2015. Die meisten Konkurrenten konnten das Jahr bereits abhaken. Dass die Bilanz rot sein würde, war auch allen Branchenbeobachtern klar. Doch die Summe von fast einer halben Milliarde Euro auf der Negativseite - bei einem Umsatz von rund vier Milliarden - dürfte dann doch manchen Anleger erschrecken. 

Am späten Mittwochabend teilte die Berliner Fluggesellschaft schriftlich mit, dass sich der Nettoverlust im Jahresabschluss von knapp 377 Millionen Euro (2014) auf knapp 447 Millionen Euro (2015) ausgeweitet hat. Und das bei fallenden Umsätzen: Die Erlöse gingen um zwei Prozent auf 4,08 Milliarden Euro zurück.

Als Grund gab Stefan Pichler, der seit Februar 2015 die Geschäfte führt, unter anderem an, dass Air Berlin 2015 nur in sehr geringem Umfang von der günstigen Kerosinpreisentwicklung habe profitieren können. Die Gesellschaft hatte sich zuvor offenbar zu ungünstigen Konditionen mit Kontrakten für Treibstoff abgesichert. Den Prozess nennt man Hedging. Auch der zum Euro starke US-Dollar habe bessere Zahlen verhindert.

Air Berlin-Chef hofft weiter auf günstige Kerosinpreisentwicklung

Doch: “Im Jahr 2016 werden wir von der relativ günstigen Kerosinpreisentwicklung in Höhe von 250 Millionen Euro profitieren“, kündigte er an. Allerdings würde selbst diese Summe, die aus im Langzeitvergleich extrem niedrigen Rohölpreisen resultiert, nicht für einen Flug in die schwarzen Zahlen reichen.

Pichler machte zudem Einmaleffekte, zum Beispiel Kosten für den laufenden Konzernumbau, geltend: Diese schlugen mit 92 Millionen Euro zu Buche. In dem Posten finden sich auch Abfindungen für entlassene Mitarbeiter. Air Berlin verfolgt seit etwa vier Jahren die Strategie, alle Strecken zu streichen beziehungsweise die Frequenz der Flüge darauf zu reduzieren, die nicht genügend Gewinn bringen. Die Hoffnung: So steigt die Auslastung auf den verbliebenden Flügen und damit am Ende Umsatz und Gewinn je Passagier. So sollte es bei einer gesunden Airline auch sein. Doch auch diese Kapazitätsreduktion (sechs Prozent zum Vorjahr) kostet am Ende offenbar noch Geld.

Pichler erweist sich - wie schon seine Vorgänger Joachim Hunold, Hartmut Mehdorn und Wolfgang Prock-Schauer - als ziemlich kreativ bei der positiven Interpretation von Zahlen. „Obwohl Air Berlin im Geschäftsjahr 2015 einen Ganzjahresverlust von 446,6 Millionen Euro verbucht, zeigen die wesentlichen operativen Kennziffern in die richtige Richtung“, erklärte er schriftlich. Man habe Vertriebsaktivitäten reorganisiert und einen „fokussierten Unternehmens- und Netzwerkansatz“ entwickelt, erklärt er schriftlich. „Insgesamt konnten wir zum ersten Mal seit vier Jahren die Stückerträge deutlich steigern. Im Geschäftsjahr 2015 erzielten wir dadurch ein Umsatzplus pro Fluggast in unserem Netzwerk von zwei Prozent.“

Neue Strategie: Langstrecken und Firmenkunden

Pichler hatte im November eine neue Strategie vorgestellt, mit der er die Wende anpeilt. Mit Langstreckenverbindungen, Kostensenkungen und dem Fokus auf Firmenkunden soll die Airline wieder auf Vordermann gebracht werden. Spätestens bis Mitte 2017 soll früheren Angaben zufolge der Sprung in die schwarzen Zahlen glücken. 

Ähnliche Versprechen hatten seine Vorgänger auch abgegeben. Doch das Eigenkapital ist seit Jahren aufgezehrt. Air Berlin hängt am Tropf der Fluggesellschaft Etihad Airways, der Staatsfluglinie der Vereinigten Arabischen Emirate. Etihad hält gut 29 Prozent an Air Berlin und versucht derzeit, die Berliner enger mit der anderen Halb-Tochter Alitalia zu vernetzen.

Partner Etihad profitiert von Air Berlin-Passagieren

Offen ist, wie lange die Scheichs bereits sind, die Verluste von Air Berlin zu tragen. Auch Etihad legte am Mittwoch seine Geschäftszahlen vor: Demnach machten die Araber 2015 einen Nettogewinn in Höhe von 103 Millionen US-Dollar (94 Millionen Euro zum Wechselkurs Ende 2015). Der Umsatz betrug gut neun Milliarden Dollar (8,3 Milliarden Euro). Gleichwohl befördert Air Berlin fast doppelt so viele Passagiere.

Pichler betonte, wie wertvoll Air Berlin für Etihad ist. Man habe dem Partner mehr als 140 Millionen Euro an direkten Passagiereinnahmen eingebracht. Das funktionierte über die gemeinsam mit einer Maschine, aber unter verschiedenen Flugnummern (Codes) durchgeführten Flüge. Diese Praxis hatten im vergangenen Jahr für Streit mit dem Luftfahrt Bundesamt gesorgt - bis Air Berlin und Etihad diese am Ende vor Gericht durchsetzten.

Wie es weitergeht, ob Pichler seine Strategie nochmal anpassen will, um jemals aus den roten Zahlen zu fliegen, will er am Donnerstagvormittag in einer Telefon-Pressekonferenz erklären.

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