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Plexiglas. Der neue Flughafen ist fertig – zumindest dieses Modell aus Lego. Air Berlin will auch etwas Neues aufbauen. Und dabei schön transparent bleiben. Foto: Reuters

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Air Berlin Bilanz: Neuer Chef versucht es freundlicher und ehrlicher

Air-Berlin-Chef Wolfgang Prock-Schauer dämpft Erwartungen: Die Sanierung wird Zeit und Geld kosten. Zugleich übt das Unternehmen einen neuen Stil. So verrät der Geschäftsbericht einige persönliche Dinge über den Chef.

Berlin - Air Berlin hat 20 Jahre lang Wachstum, manche sagen Größenwahn, unter Joachim Hunold erlebt, gefolgt von anderthalb Jahren Schrumpfkurs und Durchhalteparolen unter Hartmut Mehdorn. Anfang Januar begann mit der überraschenden Berufung des Österreichers Wolfgang-Prock-Schauer die dritte Phase in der turbulenten Geschichte der Airline. Er will die Sanierung fortsetzen, aber freundlicher im Ton. Und offenbar ehrlicher im Umgang mit Betroffenen und Beobachtern.

Das zeigte sich am Mittwoch bei der Vorstellung des Geschäftsberichtes für 2012 in Berlin. So steht in dem Bericht, wie schon seit Ende Februar bekannt, unterm Strich ein operativer Gewinn in Höhe von 70 Millionen Euro. Der Neue hätte das als Beleg anführen können, was für ein großartiger Schachzug der Verkauf des Vielfliegerprogramms Topbonus an den Großaktionär Etihad war. Oder er hätte den Aktionären zurufen können: Alles ist bestens. Prock-Schauer erklärte aber: „Wir sind noch nicht dort angekommen, wo wir sein wollen, nämlich nachhaltig profitabel zu sein“. Auch dämpfte er Erwartungen beziehungsweise nahm Versprechen zurück, die seine Vorgänger produziert hatten. Für das laufende Jahr sei das Ziel eine schwarze Null vor Steuern und Zinsen. Erst 2014 rechne er auch netto mit einem Gewinn, sagte er nun, am Tag 73 im Amt.

Auch der gedruckte Geschäftsbericht lässt einen neuen Stil erkennen. Auf den ersten Seiten findet sich ein Interview (das er Medien hierzulande bisher verweigerte), in dem er aber in manchen Punkten Klartext spricht: „Air Berlin ist, wie andere Airlines auch, zu schnell gewachsen“, heißt es da. Air Berlin habe deswegen eine noch zu heterogene Struktur mit hoher Komplexität sowohl in der Verwaltung als auch hinsichtlich des Streckennetzes, der Flotte und der Stationierung des fliegenden Personals. Der Personalabbau, heißt es an anderer Stelle, sei „schmerzhaft, aber unvermeidlich“. Air Berlin müsse den Kunden künftig mehr für ihr Geld bieten, mehr Kundenfreundlichkeit, mehr Komfort in der Luft.

Garniert ist das Ganze mit Fotos: Auf dem einen grinst Prock-Schauer über beide Ohren, ein anderes zeigt seine Hände beim Schreiben. Da erfährt der interessierte Anleger, dass Prock-Schauer Linkshänder sei –„wie viele führende Persönlichkeiten – Barack Obama ist der Bekannteste“. Abgesehen von solchen kuriosen Nebensächlichkeiten benennt der neue Bericht auf 14 Seiten klar die „wesentlichen Risiken und Unwägbarkeiten“ auf dem Weg der Sanierung – etwa die günstigeren Kostenstrukturen einiger Wettbewerber und die besondere Abhängigkeit vom deutschen Markt. Im Bericht für 2011, als Air Berlin noch deutlich stärker trudelte, fanden sich dazu nur knapp vier Seiten unter der Überschrift „Chancen und Risiken“.

Der Großteil der Effekte des laufenden Sparprogramms, das das Ergebnis bis Ende 2014 um 400 Millionen Euro verbessern soll, werde sich im kommenden Jahr zeigen, machte Prock-Schauer deutlich. Zugleich bereitete er die Öffentlichkeit auf eher schlechte Zahlen für das laufende erste Quartal vor. So hätten die Streiks des Flugpersonals vor allem in Düsseldorf und Hamburg bereits 60 000 Passagiere gekostet, was einen Schaden im zweistelligen Millionenbereich bedeuten würde. Auch würden Kosten des Umbaus, darunter die 900 Stellenstreichungen, zunächst Geld kosten. Das Thema Luftverkehrssteuer, über das sich Hunold und Mehdorn bei solchen Anlässen über Minuten in Rage reden konnten, erwähnte Prock-Schauer dagegen nur beiläufig.

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