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Wirtschaft: Air Berlin enttäuscht den Aktienmarkt

Aktienhändler sprechen von „Bruchlandung“ / Trotz der Kerner-Kampagne zeichneten nur wenige Privatanleger

Frankfurt Am Main / Berlin – Air Berlin war offenbar schon am ersten Börsentag auf massive Stützungskäufe der beteiligten Banken angewiesen. Dass sich der Kurs der Aktie so lange um den Ausgabepreis von zwölf Euro bewegt habe, lege diese Vermutung nahe, sagte Stefan Schöppner, Luftfahrt-Analyst bei der Dresdner Bank, dem Tagesspiegel. „Am ersten Tag über Kursstützung zu sprechen, ist verfrüht“, sagte dagegen Eberhard Dilger, Leiter des Aktienemissionsgeschäfts bei der Commerzbank, die den Börsengang gemeinsam mit der US-Investmentbank Morgan Stanley begleitet.

Der Kurs notierte am Abend bei 11,25 Euro und damit deutlich unter dem Ausgabepreis. „Das ist eine ziemliche Enttäuschung“, meinte Schöppner. „Für die Kursentwicklung der nächsten Tage bin ich nicht gerade euphorisch.“ Aktienhändler Stefan Chmielewski vom Brokerhaus Lang & Schwarz sprach sogar von einer „Bruchlandung“. Ursprünglich war der Börsengang in der vergangenen Woche geplant gewesen. Der Ausgabepreis lag bereits weit unter den Erwartungen des Unternehmens.

Auch die Reaktionen aus den Konsortialbanken waren verhalten. „Wir sind zufrieden, dass der Börsengang vollzogen ist“, sagte Eberhard Dilger von der Commerzbank dem Tagesspiegel. „Die Aktie hält sich ordentlich, natürlich hätten sich alle Beteiligten gefreut, wenn es reibungsloser gelaufen wäre.“ Dilger geht davon aus, dass die großen institutionellen Anleger dem Unternehmen weiter vertrauen. Analyst Schöppner hat da aber Zweifel: „Die Investoren werden jetzt nervös, jeder hofft, mit einem blauen Auge davonzukommen.“

Dabei hatte es am Morgen so ausgesehen, als könne der Börsenstart nach dem verpatzten Vorlauf doch noch ein Erfolg werden. 12,65 Euro stand als erster Kurs an der Anzeigetafel – immerhin gut fünf Prozent über dem, was die bei der Zeichnung zum Zuge gekommenen Anleger bezahlt hatten. Doch schon wenig später setzte die Aktie zum Sinkflug an.

Vom prominentesten Werbepartner des Unternehmens, dem Fernsehmoderator Johannes B. Kerner, war in Frankfurt nichts zu sehen. Angeblich hatte man ihm nach den öffentlichen Diskussionen über die Kampagne nahe gelegt, die erste Kursnotiz nicht live zu begleiten.

Obwohl Air Berlin mit einer groß angelegten Werbekampagne und der Hilfe des Moderators auf Privatanleger gezielt hatte, besteht der Großteil der neuen Aktionäre offenbar aus professionellen Investoren. „Privatanleger waren so gut wie keine dabei“, sagte Pia Hellbach, Fondsmanagerin bei Union Investment, dem Tagesspiegel. Air Berlin sei „ verhalten“ gestartet. „Mit ein bisschen Geduld kann sich die Investition aber auszahlen.“ Allerdings müssten die Geschäftszahlen künftig das einlösen, was Vorstandschef Joachim Hunold angekündigt habe.

Ende Juli will Hunold die ersten Halbjahresergebnisse als börsennotiertes Unternehmen veröffentlichen. Danach sollen alle drei Monate Quartalszahlen berichtet werden. Die Anleger werden das mit Spannung erwarten. Nach zwei Jahren in den roten Zahlen will Air Berlin 2006 wieder Gewinne machen. Eine Studie der Commerzbank geht von gut 50 Millionen Euro aus, andere Banken rechnen mit einem kleineren Plus.

Analysten halten es für möglich, dass die zweitgrößte deutsche Airline ihre Wachstumspläne revidieren muss. Air-Berlin-Chef Joachim Hunold bestritt das bei seinem Auftritt an der Frankfurter Börse und gab sich optimistisch. „Wir sind gut gestartet und können zuversichtlich in die Zukunft schauen.“ Die Wachstumsziele seien überhaupt nicht gefährdet. „Wir werden in der Flugzeugfinanzierung etwas umstrukturieren, aber von unserem Wachstumspfad brauchen wir nicht abzugehen.“

Stefan Kaiser

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