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Wirtschaft: Air Berlin sucht Geld für Wachstum

Zweitgrößte deutsche Fluglinie geht an die Börse / Keine Arbeitnehmerbeteiligung im Aufsichtsrat

Berlin - Mit der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Air Berlin wagt sich erstmals ein Billigflieger an die Frankfurter Börse. Das gab der Chef der Fluggesellschaft Joachim Hunold gestern am Rande der Internationalen Tourismusbörse ITB in Berlin bekannt.

„Weil wir unsere Marktchancen verbessern wollen, gehen wir an die Börse“, sagte Hunold und bestätigte einen entsprechenen Beschluss der Anteilseigner des Billigfliegers vom Vortag. Zum Zeitpunkt und zum Volumen des Börsengangs machte der ungewohnt einsilbig wirkende Air-Berlin-Chef jedoch keine Angaben: „Ich hab’ jetzt einen Maulkorb“, sagte Hunold mit Blick auf die vor Börsengängen übliche Verschwiegenheitspflicht. Nur über den Ausgabeort und die Streuung der Aktien gab er Auskunft: Demnach sollen die Air-Berlin-Papiere im so genannten Prime Standard der Frankfurter Börse gehandelt werden. Dort werden höhere Anforderungen an die Transparenz der Unternehmenszahlen gestellt als im General Standard. Ausgegeben werden sollen die Aktien sowohl an Privatanleger als auch an institutionelle Investoren. Geplant sei zudem eine weitere Kapitalerhöhung. „Über die genaue Höhe und damit auch den Umfang des Börsengangs wird in den nächsten Wochen mit den beratenden Banken entschieden“, sagte Hunold weiter. Die bisherigen Gesellschafter sollten einen nennenswerten Einfluss auf das Unternehmen behalten. Ob dies bedeute, dass weniger als 50 Prozent von Air Berlin an der Börse platziert werden, ließ Hunold offen. „Eine Entscheidung dazu ist noch nicht gefallen.“ Geschäftsführer Hunold ist mit fünf Prozent an Air Berlin beteiligt, weitere Anteile halten die Privatinvestoren Kim Lundgren, Hans-Joachim Knieps, Severin und Rudolf Schulte, Werner Huehn sowie Johannes Zurnieden.

Börsenkreise rechnen mit einem Emissionsvolumen von bis zu 800 Millionen Euro und erwarten den Börsengang noch in der ersten Jahreshälfte. Im vergangenen Jahr hatten nur drei Emissionen in Deutschland die 500-Millionen-Euro- Marke überschritten: der Bezahlsender Premiere, die Baumarktkette Praktiker und die Flugzeugmotorenbauer MTU.

Hunold hatte Air Berlin Ende des vergangenen Jahres von einer Kommanditgesellschaft (GmbH & Co KG) in eine Aktiengesellschaft nach britischem Recht, eine Public Limited Company (plc), umgewandelt. Damit schuf er zum einen die rechtlichen Voraussetzungen für einen Börsengang. In Frankfurt können auch Unternehmen mit Rechtsformen aus dem EU-Ausland an die Börse gehen. Zum anderen ist Air Berlin damit den gleichen Bilanzpflichten ausgesetzt wie die Mitbewerber Easy Jet und Ryanair – und damit vor allem bei den für Fluggesellschaften besonders wichtigen Abschreibungsregeln für Flugzeuge auf den Finanzmärkten besser vergleichbar.

Für Hunold, dessen gewerkschaftsfeindliche Kolumnen im „Air Berlin Bord-Magazin“ regelmäßig seine Flugkunden unterhalten, hat die Rechtsform indes noch einen weiteren Vorteil: Britische Unternehmen kennen keine Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat, wie sie bei deutschen Aktiengesellschaften Pflicht ist. Zwar fliegt Air Berlin inzwischen 1,23 Milliarden Euro Umsatz ein und beschäftigt über 2700 Mitarbeiter. Über die „plc“ kann Hunold aber Gewerkschaftsvertreter und Betriebsräte weiterhin aus dem Unternehmen heraushalten.

Unterdessen gab Air Berlin auch die Zahlen für das vergangene Jahr bekannt. Demnach hatte die Fluglinie 2005 13,5 Millionen Passagiere und damit 12,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Umsatz legte um 17 Prozent auf 1,22 Milliarden Euro zu. Ein Nettoergebnis nannte Air Berlin nicht. Branchenkreise gingen aber von einem Gewinn in einstelliger Millionenhöhe aus.

Für das laufende Jahr zeigte sich Hunold optimistisch. So sei in den Monaten Januar und Februar ein Passagierzuwachs von mehr als zehn Prozent erreicht worden. Derzeit steuert Air Berlin mit einer Flotte von 54 Flugzeugen allein von Deutschland aus 55 Zielorte an. Im Laufe des Jahres sollen sechs weitere Flugzeuge an Air Berlin ausgeliefert werden.

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