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Airbus: Produktionstermin für Militärtransporter A400M weiter unklar

Ende des Jahres soll der Airbus-Militärtransporter A400M endlich zu seinem Jungfernflug starten – zwei Jahre später als geplant.

Sevilla - „Der hat ja schon abgehoben“, sagt einer der Besucher. Tatsächlich „schweben“ die Räder des ersten Airbus-Militärtransporters A400M im Testflughangar im spanischen Sevilla rund einen Meter über dem Boden. Aber nur, weil der Prototyp wegen letzter Arbeiten am Fahrgestell aufgebockt ist. Mit gut zweijähriger Verspätung soll der Hoffnungsträger der europäischen Flugzeugbauer bis zum Jahresende zum Jungfernflug starten. Ob der A400M doch noch zu einem Erfolgsmodell wird, liegt auch an Deutschland. Die Bundesrepublik ist mit 60 Maschinen zum Stückpreis von rund 111 Millionen Euro der größte Kunde. Die FDP wollte in den Koalitionsverhandlungen mit der CDU die Zahl auf 49 Flugzeuge drücken, hat sich damit aber nicht durchsetzen können.

Für die einzige Bewegung im Werk in Sevilla sorgt eine kleine Gruppe von Angehörigen der anarchistischen Gewerkschaft CGT, die mit Fahnen und Trillerpfeifen in einer Mini-Demo durch das Werksgelände ziehen. In den riesigen, erst vor wenigen Jahren errichteten Hallen ist es dagegen ruhig, und es herrscht gähnende Leere. Nur in einer Ecke ziehen ein paar Arbeiter die letzten Schrauben an einer Tragfläche fest. Sie wird allerdings nie in die Luft gehen, sondern in den nächsten Tagen per Tieflader und Schiff auf die Reise nach Dresden gehen, um dort von einer auf Strukturprüfungen spezialisierten Firma einem Langzeit-Belastungstest unterworfen zu werden.

Die aktuelle Produktion ist derzeit gestoppt, um die weiteren Maschinen gleich dem neuesten technologischen Stand anzupassen, wie es Firmensprecherin Barbara Kracht formuliert. So geht nur ganz hinten am anderen Ende der Halle der dritte Prototyp seiner Vollendung entgegen. Das zweite Flugzeug steht unlackiert und mit verkleideten Triebwerksaufhängungen auf dem Freigelände. Eigentlich sollte in diesem Monat der erste Supertransporter an die französische Luftwaffe übergeben werden, wo er ebenso wie bei der Bundeswehr die 40 Jahre alten Transalls ersetzen wird. Jetzt ist man davon noch gut drei Jahre entfernt. „36 Monate nach dem Erstflug“, lautet heute die offizielle Sprachregelung für die ersten Auslieferungen.

Zwei Hallen weiter präsentiert Airbus dann den fast startklar wirkenden Prototypen mit der Produktionsnummer 1. Noch sind einige Abdeckungen im Rumpf offen. Die umstrittenen TP400-Triebwerke des Europrop-Konsortiums, die bei MTU im brandenburgischen Ludwigsfelde gebaut werden, sind aber montiert, die achtblättrigen Propeller mit ihrem Durchmesser von 5,3 Metern wirken gewaltig. Mit einer Leistung von jeweils 11 000 PS sind die Aggregate der stärkste Turboprop-Antrieb westlicher Produktion, aber auch das Sorgenkind des Projektes. Insbesondere die desolate Software für ihre automatische Steuerung sorgte immer wieder für Verzögerungen. Seit einem Monat wird nun eine neue Version getestet. Mitte November soll der A400M erstmals mit eigener Kraft rollen und noch vor dem Jahresende endlich zum ersten Mal in die Luft gehen.

Gerade hat Airbus auch die zweite Management-Reihe seiner Militärsparte ausgewechselt, offiziell spricht man von Routine. Doch bereits im Februar musste Airbus-Military-Boss Carlos Suarez seinen Hut nehmen und war durch den zuvor für das Airbus-Sanierungsprogramm „Power8“ verantwortlichen Domingo Ureña Raso ersetzt worden. Jetzt wurden dem knallharten Manager unter anderen ein neuer Strategie- und ein neuer Technologiechef zur Seite gestellt.

Zum Repräsentieren wird Peter Scoffham vorgeschickt. Der Veteran der Royal Air Force erzählt nebenbei, wie er im Golfkrieg seinen betagten VC-10-Tanker mit vom Feindfeuer durchlöcherter Tragfläche notlanden musste und nach provisorischer Reparatur mit nur ein paar Litern Kerosin im Tank doch wieder starten konnte. Vor einigen Jahren hat der einstige Group Captain die Fronten gewechselt. Als „Vice President Defence Capability Marketing“ bei Airbus Military soll er jetzt hochrangige Militärs rund um den Globus von den Vorzügen des A400M überzeugen.

Wenn er dann in der Luft ist, soll der neue Transporter höher, schneller und weiter als seine Vorgänger fliegen. Größere sowie schwerere Lasten direkt an Kriegs- oder Katastrophenschauplätze bringen, wo ihm unbefestigte Pisten von weniger als einem Kilometer Länge für Start und Landung genügen. Wo das nicht geht, die Fracht im Tiefstflug abwerfen und so nebenbei auch noch Fallschirm-Spezialeinheiten in gut zwölf Kilometern Höhe absetzen. Davor steht ein Testprogramm von 3700 Flugstunden, rund zweieinhalb Jahre sind dafür angesetzt. Um das Verfahren zu beschleunigen, wird das Gesamtflugzeug seine Zulassung länderübergreifend durch die zivile europäische Flugsicherheitsbehörde EASA erhalten.

Weil die Auslieferung des A400M, von dem Militärs aus neun Ländern bisher 192 Exemplare bestellt haben, erst Ende 2012 beginnen wird, verhandelt Airbus derzeit mit den Kunden über einen neuen Zeitplan bei den Lieferpositionen. Zumindest die Gewichtsprobleme sind gelöst, betont Barbara Kracht. Die Maschine werde die garantierte Höchstnutzlast von 37 Tonnen erreichen. „Dafür wurde die Triebwerksleistung um je 1000 PS erhöht“, erklärt Peter Scoffham und versichert: „Jede Vertragsklausel wird eingehalten“. Allerdings werden die ersten Transporter wohl noch nicht über alle Kapazitäten verfügen. So wird mit den Auftraggebern auch darüber gesprochen, welche Eigenschaften unbedingt von Anfang an benötigt werden und welche später nachgerüstet werden können. Ab wann dann voll einsatzfähige Maschinen produziert werden, steht noch in den Sternen.

Rainer W. During

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