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Wirtschaft: Airbus stiehlt Boeing die Schau

Auf der Luftfahrtmesse im britischen Farnborough bekommen die Europäer mehr Aufträge als die US-Konkurrenz

Berlin - Der europäische Flugzeughersteller Airbus hat im Wettbewerb mit dem US-Konkurrenten Boeing wieder Boden gutgemacht. Airbus ist eindeutiger Sieger auf der Luftfahrtschau im britischen Farnborough – mit bisher 163 verkauften Flugzeugen im Gesamtwert von rund 17 Milliarden Dollar. US-Konkurrent Boeing verbuchte nur Aufträge für 65 Flugzeuge im Gesamtvolumen von etwa sechs Milliarden Dollar. Die Messe endet am Sonntag, doch wird am Wochenende nicht mehr mit nennenswerten Abschlüssen gerechnet.

Beim Halbjahresvergleich hatte Boeing mit 493 verkauften Jets noch eindeutig die Nase vorn. Der Absatz bei Airbus, einer Tochter des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS, war auf 117 Maschinen eingebrochen. 276 Flugzeuge waren es noch im Vorjahreszeitraum. Nachdem sich die Auslieferung des neuen Mega-Jumbos A 380 inzwischen um mehr als ein Jahr verzögert und der neue A 350 für lange Strecken noch einmal völlig neu konzipiert werden musste, schien das Vertrauen der Fluggesellschaften in die europäische Marke erschüttert.

In Farnborough war es mit der Zurückhaltung dann vorbei. Allerdings gehen Branchenkenner davon aus, dass die Bekanntgabe diverser Aufträge extra bis zur Messe verschoben wurde, um gegenüber der amerikanischen Konkurrenz auf europäischem Boden ein Zeichen zu setzen. In der Gunst der Luftverkehrsgesellschaften lag allerdings Bewährtes vorn. Mit 113 Festbestellungen war die A 320-Familie eindeutiger Spitzenreiter. Allein die Air-Asia-Gruppe, die Billigfluglinien in Indonesien, Malaysia und Thailand betreibt, orderte 40 der Mittelstreckenjets als Ersatz für ältere Boeings.

Am Freitag gelang Airbus der große Coup. Ausgerechnet Singapore Airlines erteilte den Europäern einen spektakulären Auftrag. Dabei hatten die Asiaten als Erstkunden des A 380 besonders laut über die durch Produktionspannen verursachten Lieferverzögerungen geschimpft und im Juni prompt bis zu 40 Exemplare des A 350-Konkurrenten 787 bei Boeing geordert. Gestern nun unterzeichnete SIA eine Absichtserklärung, die nicht nur die Umwandlung von neun Optionen in feste Bestellungen und sechs zusätzliche Kaufoptionen für den A 380 umfasst. Gegenstand des Geschäfts sind auch 20 Aufträge und 20 Optionen für den A 350 XWB-900. Damit ist Singapore Airlines auch Erstbesteller für die in Farnborough erstmals vorgestellte, neue Variante des jüngsten Airbus-Flugzeugs. Ob der Jet, dessen Entwicklungskosten sich durch die Design-Überarbeitung auf mindestens acht Milliarden Dollar verdoppelt haben, ein wirtschaftlicher Erfolg wird, ist noch unklar. Schließlich wird der A 350 erst 2012 auf den Markt kommen. Zwei Jahre später als ursprünglich geplant und vier Jahre nach dem US-Konkurrenten Boeing 787 „Dreamliner“. Auch der A 380 ist noch weit von der Gewinnzone entfernt.

Die Amerikaner waren in Farnborough gleich am ersten Showtag mit einer Bestellung für 30 737-900-Mittelstreckenjets durch die indonesische Lion Air gestartet. Der Auftrag war allerdings schon als „ungenannter Kunde“ in der Statistik geführt worden. Vom Hoffnungsträger „Dreamliner“ konnte Boeing in Farnborough acht zusätzliche Maschinen absetzen. Dazu gehörte mit zwei Maschinen für ILFC der erste Auftrag eines Leasingunternehmens für den „Dreamliner“. Doch dann hatte der US-Konzern doppeltes Pech. Der bereits angekündigte Kauf von 20 Triple-Seven-Langstreckenjets durch Qatar Airways wurde zurückgestellt. Und der Auftrag für zehn 747-8-Jumbo-Frachter durch Emirates ist zunächst nur eine Absichtserklärung. Unterschreiben wollen die Araber später. Sonst hätten die Amerikaner noch auf ein Gesamtvolumen von rund 14 Milliarden Euro nachgezogen.

Der Messeverlauf spiegelt sich auch an der Börse wider. Zunächst hatte die EADS-Aktie diese Woche einen schlechten Start, konnte sich aber dank der guten Aufträge bis Freitag wieder erholen. Dagegen brach die Boeing-Aktie nach einem schnellen Anstieg an den letzten beiden Handelstagen regelrecht ein. mit hop

Rainer W. During

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