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Wirtschaft: Airbus streicht 10 000 Stellen

Der Flugzeughersteller gibt sich eine neue Struktur. Sechs Werke werden ausgegliedert

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Berlin - Der angeschlagene Flugzeugbauer Airbus wird in den nächsten vier Jahren 10 000 Stellen abbauen, davon 3700 in Deutschland. Wie der Mutterkonzern EADS am Mittwoch in Toulouse mitteilte, werden die Werke im niedersächsischen Varel und in Laupheim in Baden-Württemberg verkauft oder geschlossen. Am Werk Nordenham in Niedersachsen sollen sich Investoren beteiligen. Dafür lägen bereits Angebote vor. Die Gewerkschaften kritisierten die Ankündigungen scharf. In Deutschland legten Beschäftigte der betroffenen Werke spontan die Arbeit nieder.

Airbus-Chef Louis Gallois sagte in Toulouse, neben den Stellenstreichungen in Deutschland sollten in Frankreich insgesamt 4300 Arbeitsplätze wegfallen, davon 1100 in der Firmenzentrale in Toulouse. In Großbritannien seien 1600 Arbeitsplätze betroffen, in Spanien 400. 5000 der genannten Stellen betreffen Zeitarbeitskräfte. Das Unternehmen will im Zuge des Sparplans „Power 8“ jedoch vorerst keine Arbeitnehmer entlassen, sondern den Abbau sozialverträglich gestalten.

In Frankreich steht das Werk in Saint Nazaire-Ville ebenfalls zur Disposition, für den Standort Méaulte sucht Airbus „industrielle Partner“. Das Gleiche gilt für Filton in Großbritannien. Mit „Power 8“ will Airbus bis 2010 fünf Milliarden Euro einsparen, danach jährlich zwei Milliarden.

Auch die mit Spannung erwartete Aufteilung künftiger Produktionslinien gab der Konzern bekannt. Demnach wird in Toulouse der A 350 gebaut. Die neue Langstreckenmaschine, die der Boeing 787 „Dreamliner“ Konkurrenz machen soll, gilt als eines der wichtigsten Zukunftsprojekte bei Airbus. Künftig soll hier die Hälfte der Arbeiten ausgelagert werden. Bei bisherigen Flugzeugprogrammen waren es lediglich 25 Prozent. Damit will Airbus einen Teil des Risikos an Partner abgeben, wie es Dauerkonkurrent Boeing bereits erfolgreich vormacht. Hier werden 80 Prozent der Arbeiten außerhalb des Konzerns erledigt.

Beim Superjumbo A 380 wird ein Teil der Vorbereitungsarbeiten für die Kabinenausstattung von Hamburg nach Toulouse verlagert, nicht jedoch die Kabinenausstattung selbst. Ausgeliefert wird der A 380 sowohl in Hamburg als auch in Toulouse. In der Hansestadt wird den Angaben zufolge unverzüglich eine dritte Endmontagelinie für die A-320-Familie eingerichtet. Dort könnten künftig auch alle weiteren A-320-Flugzeuge jenseits der monatlichen Produktionsrate von 14 Flugzeugen endmontiert werden. Darüber hinaus werde die Endmontage des Nachfolger-Modells in Hamburg erfolgen.

Die Arbeitnehmervertreter lehnten die Sanierungsmaßnahmen in einer ersten Reaktion als „überzogen“ ab. „Wir werden das Konzept so nicht akzeptieren“, erklärte der Airbus-Gesamtbetriebsratsvorsitzende, Rüdiger Lütjen in Toulouse. „Der Kampf um die Zukunft von Airbus in Deutschland hat jetzt erst begonnen“, sagte die Bezirksleiterin der IG Metall Küste, Jutta Blankau. In Frankreich drohten die Gewerkschaften mit Streik.

Die Bundesregierung zeigte sich mit den beabsichtigten Maßnahmen zufrieden. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sprach von einem „ausgewogenen Konzept“. Anders als befürchtet werde die deutsche Seite dabei nicht über den Tisch gezogen. Dagegen nannte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) die Ankündigungen „keine endgültigen Entscheidungen“.

Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) äußerte sich erleichtert, dass die Hansestadt von den Sparmaßnahmen weitgehend verschont wurde und keine Fertigungsbereiche abgeben muss. „Die Flügelausrichtung ist die Kernkompetenz des Standorts und damit entscheidend für die Zukunft“, sagte Böhrnsen dem Tagesspiegel. „Dafür haben wir in den vergangenen Wochen immer gekämpft. Das war ein hartes Stück Arbeit.“ Ihm sei bewusst, dass durch diese Entscheidung weiterhin erhöhte Logistikkosten anfielen, sagte der Bürgermeister weiter. „Der Konzern erwartet deshalb einen gewissen Ausgleich von unserem Standort.“ Wie dieser aussehe, könne er noch nicht genau sagen.

Der stellvertretende CDU-Fraktionschef Michael Meister begrüßte, dass Airbus sich auf seine Kernkompetenzen zurückziehe. Beim Verkauf von deutschen Werken setze er auf „kompetente und finanzkräftige“ Lösungen. Den Einstieg von Private-Equity-Gesellschaften schloss Meister dabei ausdrücklich ein.

In Baden-Württemberg zeigte sich die IG Metall überrascht von der Entscheidung gegen Laupheim. In den vergangenen Tagen war vor allem über einen Verkauf der Werke in Nordenham und Varel spekuliert worden. Der Sprecher der IG Metall Ulm, Michael Braun, sagte dieser Zeitung: „Wir sind schockiert und empört. Die letzten Wochen wurde uns immer wieder bestätigt, dass Laupheim Spitze ist, auch die Standortleitung hat uns beruhigt.“ Wer das Werk kaufen könne, wisse er nicht. In dem Zusammenhang war öfter die Firma Diehl genannt worden. „Laupheim ist technologisch interessant, daher wird es schon Interessenten geben“, sagte Braun. Die könnten aber auch aus dem Ausland kommen.

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