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Wirtschaft: Aktie vor Standort - Schrempp ohne Wahl (Kommentar)

DaimlerChrysler bekennt sich zum Standort Berlin und zum Standort Deutschland. Mit einer solchen Nachricht hat mancher gerechnet.

DaimlerChrysler bekennt sich zum Standort Berlin und zum Standort Deutschland. Mit einer solchen Nachricht hat mancher gerechnet. Immerhin war DaimlerChrysler-Boss Schrempp in Berlin. Aber im Mittelpunkt seiner Rede stand die globale Verantwortung des Konzerns - und nicht die für Deutschland. Schrempp lobte zwar den Standort Deutschland, und er sagte, wie viel sein Konzern in seinem Geburtsland investiert und wie viele Arbeitsplätze er hierzulande schafft. Doch ist Berlin nur eine von 32 Konzernrepräsentanzen und Deutschland nur eines von bald 200 Ländern, in denen der Automobilhersteller Geschäfte macht. Selbstverständlich hat DaimlerChrysler - noch - seinen Hauptsitz in Stuttgart. Gewiss arbeiten die meisten seiner Beschäftigten in Deutschland. Natürlich ist die größte Nation unter den Aktionären die deutsche.

Aber trotzdem ist DaimlerChrysler ein multinationaler Konzern - erst recht seit dem transatlantischen Zusammenschluss im vergangenen Jahr. Solch ein Konzern lässt sein Kapital da arbeiten, wo es sich am meisten lohnt. Falls nicht, verschwendet er das knappe Kapital seiner Aktionäre - was die Börse sogleich bestraft. DaimlerChrysler hat an den Börsen schon viel Geld verspielt. In den vergangenen fünf Monaten ist der Wert des Unternehmens um rund 60 Milliarden Mark zurückgegangen - um etwa ein Drittel. Trotz einer boomenden Autokonjunktur und nicht allzu schlechter Prognosen, trotz überwiegend lukrativer Geschäftsfelder und eines erfolgreich anmutenden Integrationsprozesses der beiden Fusionspartner fehlt das Vertrauen des Marktes. Ob der sich irrt, wie es im Hause Daimler manchmal heißt? Es dürfte internationalen Anlegern gleichgültig sein, wo das Unternehmen sein Geld verdient. Schrempp, der sich selbst als Fan der Shareholder-Value-Denke bezeichnet, kennt die Spielregeln. Deswegen fehlt das klare Bekenntnis zum Unternehmenssitz in Stuttgart. Schrempp weiß, dass er die Investoren von der Zukunft des Konzerns zu überzeugen hat - und nicht vom Standort Deutschland.

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