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Wirtschaft: Aktien jetzt noch billiger

Unsichere politische und wirtschaftliche Lage belastet Börse/Aktionärsvertreter fordern besseren Anlegerschutz

Berlin (hop). Die Börsen sind am Montag erneut eingebrochen. Ein schnelles Ende des seit Monaten anhaltenden Abwärtstrends ist nicht zu erkennen. Analysten rechnen frühestens ab der zweiten Oktoberhälfte mit einer Erholung. Um wieder mehr Vertrauen der Anleger in die Kapitalmärkte zu schaffen, fordert die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am Montag in Berlin grundlegende Reformen. Insbesondere Vorstände und Aufsichtsräte müssten persönlich haftbar gemacht werden können.

Die Märkte belasten vor allem die anhaltende Kriegsangst und die zuletzt schlechten Konjunktur- und Unternehmenszahlen. Bis zum Börsenschluss verlor der Deutsche Aktienindex Dax deutlich. Er notierte bei 2769,03 Punkten – 5,13 Prozent schwächer. Auch der technologielastige Neue Markt geriet unter Druck. Der Auswahlindex Nemax 50 sackte um 4,43 Prozent auf 341,93 Punkte. Positiv wirkte lediglich, dass Gouverneure der US-Notenbank eine Zinssenkung in Aussicht stellten. „Das ist eine massive Übertreibung fernab jeglicher Realität“, sagte Hans Jakob, Leiter Asset Management beim Bankhaus Löbbecke. Bei 4000 bis 4200 Punkten sei der langfristige Aufwärtstrend der vergangenen 20 Jahre durchbrochen worden. Dadurch sei es zu einem schnellen Kursrutsch gekommen, weil viele Fondsmanager an der Schwelle verkaufen mussten. Bis Mitte Oktober werde sich aber der Boden ausbilden. Viele börsennotierte Unternehmen in Deutschland würden massiv unter Wert gehandelt. „Selbst wenn die Gewinne um ein Viertel schrumpfen, wäre der Markt noch um 25 Prozent unterbewertet“, sagte Jakob. Daher erwartet er in den kommenden sechs Monaten eine eher freundliche Entwicklung an den Börsen. Ein Anstieg auf 4500 bis 5000 Punkten sei möglich.

Auch Wolfgang Pflüger, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, hält die Aktien in Deutschland für „sehr, sehr stark unterbewertet“. Doch orientiere sich der Markt zurzeit vor allem technisch – und da würden die Jahrestiefststände wieder getestet. Der Dax könne daher auf 2550 Punkte nachgeben. Positive Impulse erhofft sich Pflüger von den US-Wirtschaftsdaten für das dritte Quartal, die in vier Wochen veröffentlicht werden. Er rechne mit 3,5 Prozent Wachstum und sehe keine Gefahr, dass die US-Wirtschaft erneut in eine Rezession steuere.

Vorstände sollen haften

Vor dem Hintergrund der weiteren Talfahrt an den Börsen forderte die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am Montag, dass die Parteien nun Ernst machen mit den vor der Wahl vorgestellten Plänen, den Anlegerschutz zu verbessern. Besonders wichtig sei, dass nun tatsächlich Vorstände und Aufsichtsräte für Falschinformationen auch persönlich haftbar gemacht werden, wenn sie entweder absichtlich oder grob fahrlässig falsche Informationen veröffentlicht haben.

Bisher kann der Anleger nur gegen das Unternehmen – und damit indirekt gegen sich selbst klagen. „Hier sehen wir den dringendsten Reformbedarf“, sagte der DSW-Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker. Es reiche nicht aus, die Haftung auf Ad-hoc-Mitteilungen zu beziehen. Alle Pflichtveröffentlichungen wie Quartalsberichte müssten einbezogen werden. Der DSW sei sogar dafür, die Schadenersatzpflicht auf freiwillige Darstellungen der Unternehmen auszudehnen.

Daneben forderte Hocker, dass auch die Klagerechte der Aktionäre verbessert werden. Um die Verfahren zu vereinfachen, müsste eine Bündelung von Klagen zugelassen werden. Nach der Verhandlung eines Musterprozesses könnten dann die Ansprüche der einzelnen Kläger geklärt werden.

Außerdem müssten – nach den Bilanzskandalen der vergangenen Monate – die Abschlussprüfer besser kontrolliert und die Unabhängigkeit stärker sichergestellt werden. Bisher darf ein Beratungsunternehmen bis zu 40 Prozent seiner Gesamteinnahmen aus der Vergütung für Prüfung und Beratung eines einzelnen Unternehmens erzielen. Der DSW fordert dagegen „deutlich weniger als 30 Prozent“.

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