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Wirtschaft: Aktienmarkt: Die Börse schafft im April die Trendwende

Die Bären haben die Koffer gepackt, die Bullen ihren ersten Frühlingsausritt hinter sich: Nach seinen Tiefstkursen bei 5388 Punkten Ende März hat der Dax im April die Kehrtwende vollzogen. 7,5 Prozent zog das führende deutschen Börsenbarometer in den letzten vier Handelswochen an.

Die Bären haben die Koffer gepackt, die Bullen ihren ersten Frühlingsausritt hinter sich: Nach seinen Tiefstkursen bei 5388 Punkten Ende März hat der Dax im April die Kehrtwende vollzogen. 7,5 Prozent zog das führende deutschen Börsenbarometer in den letzten vier Handelswochen an. Die Impulse dafür kamen aus den USA: In der Osterwoche hievten die Anleger den Dow Jones wieder über die magische 10 000-Punkte-Marke und den Dax über die 6000 Punkte. Ausgelöst hat die Kursrallye Alan Greenspan, der zum vierten Mal in diesem Jahr die Leitzinsen um 50 Basispunkte gesenkt hatte. Dass sich die Europäische Zentralbank gegen das US-Zinsenkungsfieber immun zeigte, irritierte die Investoren nur kurz. Denn die Stimmung hat sich gedreht: Ganz anders als noch im März nehmen die Anleger schlechte Nachrichten inzwischen nur noch mit einem Schulterzucken zur Kenntnis, gute Nachrichten dagegen zünden Kursfeuerwerke.

Zum Beispiel SAP: Das Walldorfer Softwarehaus begeisterte Analysten und Investoren gleichermaßen mit unerwartet guten Zahlen. Während andere große Software-Häuser in schwerem Wasser kreuzten, schaltete SAP den Turbo ein: Der Rohgewinn stieg von minus 62 auf plus 256 Millionen Euro, der operative Gewinn lag bei 233 Millionen. Die Analysten hatten die Kleinigkeit von 81 Millionen weniger erwartet, die Anleger das Papier vor Veröffentlichung der Quartalszahlen reihenweise verkauft und damit auf ein 52-Wochen-Tief gedrückt. Die Bankgesellschaft Berlin und UBS Warburg empfahlen: SAP reduzieren. Wer jedoch am 3. April bei gut 100 Euro zugegriffen hatte, war Anfang Mai um knapp 80 Prozent reicher. Trotzdem hat SAP damit gerade mal die seit Anfang Februar aufgelaufenen Kursverluste wieder wettgemacht.

Der zweite Überraschungscoup im Dax erwies sich dagegen aus Anlegersicht als Bauchlandung. Zu Monatsbeginn hatten Allianz und Dresdner Bank ihre Verlobung bekannt gegeben. Traut vereint mit dem Versicherungsriesen gelangt die Nummer Drei der deutschen Geschäftsbanken nach zwei gescheiterten Verlobungen endlich an die Weltspitze der Finanzwirtschaft. Trotzdem schafften beide Papiere im Monatsvergleich den Sprung in die Pluszone nicht. Das US-Bankhaus J.P. Morgan etwa sieht für die Allianz nach der Fusion neue Risiken wegen des starken Kreditengagement der Dresdner in den konjunkturell angeschlagenen USA und setzte das Kursziel auf 350 Euro herunter. Merrill Lynch dagegen findet, dass der Allianz eine spottbillige Übernahme der Dresdner gelungen ist und stuft die Allianz von "neutral" auf "accumulate" herauf. Auch die Anleger konnten sich auf keine klare Richtung einigen. Dauersingle Commerzbank hingegen profitierte von den Heiratsplänen der Konkurrenz: Die Spekulation auf eine Fusion trieb das Papier um fast zehn Prozent in die Höhe.

Beherzt griffen die Anleger nicht nur bei SAP, sondern auch bei den anderen Technologiewerten im Dax zu und folgten damit den Schnäppchenjägern aus den USA, die den Nasdaq Composite im April um knapp 13 Prozent nach vorne brachten. Infineon schaffte sogar 13,8 Prozent, Epcos knapp zwölf und die Telekom knapp elf. Letztere robbte sich im April wieder nahe an die 30 Euro-Marke heran. Bei der Bilanzvorlage versprach Ron Sommer den Aktionären, der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen werde 2001 um satte zwei Milliarden Euro ansteigen. Was den Aktionäre zugute kommen soll, wird den Handyfans gar nicht gefallen: Das Gewinnplus will Sommer unter anderem mit starken Beschränkungen bei der 2,4 Milliarden Euro teuren Handy-Subvention erreichen.

Einziger Ausreißer im High-Tech-Segment: Siemens. Dass der Elektronikriese bei der Vorlage der aktuellen Quartalszahlen zwar das Klassenziel erreicht hatte, es aber nicht wagte, eine konkrete Prognose für die kommenden Monate abzugeben, machte die Anleger misstrauisch. Vor allem Fonds sollen ausgestiegen sein, berichteten Händler. Der jüngste 2:3-Aktiensplitt rückte die Performance wieder ein wenig ins Lot, so dass Siemens zum Monatsende per Saldo noch ein Plus auf Dax-Niveau (gut sieben Prozent) erreichen konnte.

Auch die Autos kamen gut voran, wobei Daimler-Chrysler der Konkurrenz davonfuhr. Die schlechten Nachrichten seien wohl im Kurs enthalten, hieß es von Händlerseite. Zudem erfreute der weltweit drittgrößte Autobauer die Investoren mit einem Quartalsverlust von "nur" 600 Millionen Euro. Pessimisten hatten mit einer Milliarde gerechnet. Trotz heftiger Aktionärskritik auf der Hauptversammlung in Berlin ("Entweder andere Zahlen oder andere Köpfe") zog der Konzern wieder Anlegergelder an: Mit einem Plus von über elf Prozent hat Daimler-Chrysler seinen Börsenwert seit Jahresbeginn um ein Drittel gesteigert.

Zum Befreiungsschlag nach den herben März-Verlusten holte auch Adidas-Salomon aus. Nach den schlechten Zahlen beim Konkurrent Nike und dem deutlichen Gewinnrückgang standen die Anleger wieder in den Startblöcken und zogen die Herzogenauracher um satte 15 Prozent nach vorne.

Veronika Csizi

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