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Wirtschaft: Aktienmarkt: Eine schwarze Woche

Da war wahrlich keine vorweihnachtliche Stimmung an den Börsen. Im Gegenteil, statt der erhofften Jahresendrallye ging es steil bergab.

Da war wahrlich keine vorweihnachtliche Stimmung an den Börsen. Im Gegenteil, statt der erhofften Jahresendrallye ging es steil bergab. Der Dax verlor in dieser Woche rund fünf Prozent, der Nemax mit einem Wochenminus von gut zehn Prozent noch deutlich mehr. Werte wie Infineon gaben siebzehn, SAP fünfzehn Prozent nach. Selbst Siemens verloren trotz der glänzenden Zahlen zehn Prozent. Woran liegt es, dass die übliche Weihnachts- und Sylvestershausse bisher ausgeblieben ist? Die Gründe dafür bestehen nach wie vor: das übliche "window-dressing", die Tendenz, die Bilanzen zum Jahresende zu schönen, damit Performance-Werte herauskommen, die man den Anlegern mit guten Gefühlen präsentieren kann. Und die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind noch immer gut. Auch wenn die Konjunktur etwas erschlafft, wie der jüngste Ifo-Geschäftsklima-Wert andeutet. 2,7 Prozent Wachstum statt bisher prognostizierter drei Prozent sind für Europa und die deutsche Wirtschaft nicht schlecht, zumal wenn man die deutliche hart-weiche Landung der US-Konjunktur im letzten Quartal sieht. Der Euro hat sich deutlich erholt und kratzt schon an der 90 Cent Marke, der Ölpreis ist kräftig zurückgegangen und damit auch ein gewichtiger Druck auf die Inflation. Liegt es daran - wie EZB Chef Wim Duisenberg meint - , dass die "Neue Ökonomie in Europa noch nicht angekommen sei"? Tatsächlich zeigen die Produktivitätskennziffern in Europa gegenüber den USA einen deutlichen Rückstand und es stimmt, dass die Entwicklung und Anwendung moderner Informations- und Kommunikationstechniken in der US-Wirtschaft schon viel weiter fortgeschritten ist. In diesem Rückstand liegt eine große Chance für Europa. Da wartet ein gewaltiges Marktpotenzial auf die europäischen Hightech-Firmen. Warum reichen diese guten Perspektiven dann nicht für einen kräftigen Aufwärtsschub an den Börsen? Die Antworten geben Gerhard Schröder und sein Arbeitsminister Walter Riester. Mit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes und der verwässerten Reform der Altersversorgung stellen sie die Signale auf Rot. Die substanzielle "Nach-Schlechterung" der Rentenreform ist mehr als ein kräftiger Dämpfer für die Wirtschaft. Sie ist ein Rückfall in die schlechten Zeiten sozialromantischer Politik - von links und rechts - und zeigt zudem eine gefährliche Rechenschwäche bei denen, die über unsere Zukunft bestimmen. Eine Quadratur des Kreises nennt Meinhard Miegel das Stück und er sagt wie andere voraus, daß entweder die 67 Prozent Rentenanspruch oder die 22 Prozent Beitragsgrenze mit der Wirklichkeit nicht zu machen seien. Recht hat er. Für die Unternehmen in Deutschland sind das beunruhigende Zeichen. Eine schwarze Woche, die auch durch die Aufhebung des Rabattgesetzes kaum lichter wird. Die Neue Ökonomie ist hier noch nicht angekommen, weil die Neue Politik nur einen ganz kurzen Auftritt gehabt hat. Gerhard Schröder mag hoffen, dass er mit seinem Einknicken vor den Forderungen mancher Gewerkschaftler und Verbandsvertreter einen höheren Kurs bei den Wählern erzielt. Für die deutsche Wirtschaft und die langfristige Entwicklung der Kurse an den Aktienbörsen ist der jüngste Turn-Around der Regierung ein trauriges Weihnachtsgeschenk.

Heik Afheldt

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