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Wirtschaft: Aktienoptionen für Mitarbeiter: Zu teuer: Der Finanzminister kassiert kräftig mit - Einstufung als Arbeitslohn - Industrie fordert Korrektur nach dem Vorbild anderer Staaten

"Aktienoptionen" lautet eines der Zauberworte der New Economy, das in immer mehr Firmen des Neuen Marktes Schule macht. Das Ziel ist klar: Die Unternehmen teilen ihren Mitarbeitern Aktienoptionen als Gehaltsbestandteil zu, um die Fest-Gehälter ihrer Arbeitnehmer niedriger zu halten und dadurch in der Existenzgründungsphase ihre Liquidität zu sichern.

"Aktienoptionen" lautet eines der Zauberworte der New Economy, das in immer mehr Firmen des Neuen Marktes Schule macht. Das Ziel ist klar: Die Unternehmen teilen ihren Mitarbeitern Aktienoptionen als Gehaltsbestandteil zu, um die Fest-Gehälter ihrer Arbeitnehmer niedriger zu halten und dadurch in der Existenzgründungsphase ihre Liquidität zu sichern. Gleichzeitig lassen sich begehrte Spezialisten mit der Erwartung auf späteren Reichtum durch hohe Kursgewinne anlocken oder vorhandene Mitarbeiter zusätzlich motivieren. Was auf den ersten Blick sinnvoll und risikolos erscheint, ist aber in der Praxis keineswegs unproblematisch. Denn abgesehen davon, dass Aktienkurse fallen oder Unternehmen insolvent werden können, hat auch Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) das neue Entlohnungssystem als Einnahmequelle entdeckt.

In der Regel erhalten Arbeitnehmer Aktienoptionen als eine Art Lohnbestandteil. Dahinter steckt das Recht, Aktien des Arbeitgebers oder eines anderen Unternehmens zu einem festgelegten späteren Zeitpunkt und zu einem von vornherein ausgemachten Preis zu erwerben. Ist der Wert der Aktien am Tag der Optionsausübung gestiegen, kann der Mitarbeiter die Aktien entweder zum vorher vereinbarten niedrigeren Preis erwerben und nach der Haltefrist verkaufen. Oder er lässt sich die Wertsteigerung der Aktien direkt in bar auszahlen. Die Finanzverwaltung greift anschließend allerdings voll auf diese Wertsteigerung zu - sie qualifiziert Aktienoptionen nämlich als Arbeitslohn. In der deutschen Wirtschaft mehren sich deshalb die Stimmen, die eine Änderung im deutschen Steuersystem fordern. Denn während in Deutschland beim Arbeitslohn voll die Einkommensteuer zuschlägt (Spitzensatz derzeit 51 Prozent), verschafften sich andere Länder Wettbewerbsvorteile im Kampf um begehrte Spezialisten, indem sie mit Steuervergünstigungen operieren.

Beim Deutschen Industrie- und Handelstag (DIHT) ist man deshalb der Meinung, dass die steuerlichen Rahmenbedingungen für Aktienoptionen wesentlich verbessert werden müssten, um deutsche Firmen im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu halten. "Der Einsatz und damit die Anreizfunktion von Aktienoptionen nimmt zu", sagte Harald Hendel, Steuerexperte des DIHT, dem Handelsblatt. In England werde beispielsweise mit hohen Freibeträgen gearbeitet, in den USA gebe es ebenfalls Steuerverschonungen. "Wir sind uns zwar bewusst, dass die derzeitige deutsche Steuersystematik nur eine Besteuerung als Arbeitslohn zulässt", sagt Hendel. Beim DIHT gebe es aber durchaus Überlegungen, wie über Gesetzesänderungen die Steuerbelastung reduziert werden könne. Nach Meinung von Hendel gibt es zum einen die Möglichkeit, die in Paragraf 19a des Einkommensteuergesetzes geregelten Freibeträge für derartige Gewinne von derzeit 300 Mark erheblich zu erhöhen. Vorstellbar sei aber auch, Aktienoptionen gesetzlich den Kapitaleinkünften zuzuordnen, mit der Folge, dass zwar die Wertsteigerungen als Spekulationsgewinne versteuert werden müssten, nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist die Vorteile aber steuerfrei eingestrichen werden könnten. Faktisch blieben Aktienoptionen damit steuerfrei. Denn üblicherweise sind in den Unternehmensprogrammen Haltefristen für Aktienoptionen von mindestens zwei Jahren vorgesehen.

Auch beim Verband der Chemischen Industrie (VCI) steht das Besteuerungsproblem offenbar auf der Tagesordnung. Wie aus informierten Kreisen verlautete, ist beim VCI ein Grundsatzpapier zu diesem Thema in Arbeit, dass zur Zeit mit den Mitgliedsverbänden und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) abgestimmt wird. Voraussichtlich im Herbst soll die Endfassung vorliegen. Dem Vernehmen nach soll auch dort die Forderung erhoben werden, Aktienoptionen künftig nicht mehr als Arbeitslohn, sondern als Kapitaleinkünfte zu behandeln, de facto also auf eine Besteuerung zu verzichten. Die Deutsche Industrievereinigung Biotechnologie (DIB), Mitgliedsverband im VCI, hatte schon im Juni ein entsprechendes Positionspapier vorgelegt. Darin wird die "Schaffung einer international wettbewerbsfähigen gesetzlichen Regelung zur Besteuerung" von Aktienoptionen gefordert. In High-Tech-Industrien hätten sich Aktienoptionsprogramme zur Mitarbeitermotivation bewährt. Deshalb müssten Probleme bei der steuerlichen Behandlung dieser neuen Form der Entlohnung abgebaut werden. Im Bundesfinanzministerium will man das heiße Eisen indes nicht anpacken. "Eine Veränderung der steuerlichen Bedingungen ist derzeit kein Thema", heißt es.

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