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Wirtschaft: Aktienzuteilungen für Kleinanleger sollen transparent werden

Börsenkommission stellt Konzept vor, das Recht auf Information zu stärken. Bei Verstößen sind Strafgelder möglichRolf Obertreis Banken und Wertpapierhäuser sollen sich künftig dazu verpflichten, nur solche Unternehmen an die Börse zu bringen, die das Verfahren der Aktienzuteilung transparent machen.

Börsenkommission stellt Konzept vor, das Recht auf Information zu stärken. Bei Verstößen sind Strafgelder möglichRolf Obertreis

Banken und Wertpapierhäuser sollen sich künftig dazu verpflichten, nur solche Unternehmen an die Börse zu bringen, die das Verfahren der Aktienzuteilung transparent machen. Damit soll das angekratzte Vertrauen vieler Anleger in die Zuteilungsverfahren wieder gestärkt werden. Entsprechende Grundsätze hat die Börsensachverständigenkommission (BSK) verabschiedet. Das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) betrachtet die Grundsätze als "Messlatte" und will bei Verstößen auch vor Strafgeldern nicht zurückschrecken. Die Deutsche Börse will nur noch Unternehmen akzeptieren, die sich an die Grundsätze halten.

Angesichts der vielen überzeichneten Neuemissionen war es in den vergangenen Jahren immer häufiger zu Beschwerden von Privatanlegern gekommen, denen keine Aktien zugeteilt wurden und die dadurch zum Teil hohe Zeichnungsgewinne verpasst haben. Sie klagten vor allem beim BAWe über unfaire und intransparente Zuteilungsverfahren. "Das war bei uns Thema Nummer eins der Anleger-Beschwerden. Es bestand eindeutig Handlungsbedarf", sagt BAWe-Präsident Georg Wittich. Deshalb hatte Finanzminister Hans Eichel die BSK vor einem Jahr um die Ausarbeitung von entsprechenden Grundsätzen gebeten. Sie wurden am Mittwoch in Frankfurt vorgestellt und sollen am 1. Juli in Kraft treten.

Die an die Börse gehenden Firmen und die sie begleitenden Banken sollen künftig, falls dies schon feststeht, vor Beginn der Zeichnungsfrist den Anlegern kundtun, wie die Aktien bei deutlicher Überzeichnung zugeteilt werden. Dies erklärte BSK-Mitglied und DG- Bank-Vorstandsmitglied Uwe Flach. In der Regel werden die Aktien zugelost oder nach Eingang des Zeichnungsauftrages beziehungsweise nach der Größe des Zeichnungsauftrages zugeteilt. Zum anderen sollen die Firmen mitteilen, wie viel Prozent der Aktien an bestimmte Personen wie Mitarbeiter, Angehörige von Mitarbeitern oder etwa an Geschäftsfreunde gehen. Wird dies erst während der Zeichnungsfrist festgelegt, soll es unverzüglich bekannt gegeben werden. In jedem Fall aber sehen die Grundsätze vor, dass nach der Emission das Zuteilungsverfahren in allen Details veröffentlicht und erläutert wird. Die Vorschriften gelten auch für ausländische Banken.

Die einzelnen Zuteilungsverfahren stellt die BSK im übrigen nicht infrage. Es geht ihr nur um eine offene und faire Information. In die Freiheit des Emittenten, zu bestimmen, welche Personengruppen Aktien bekommen sollen, werde nicht eingegriffen, betont BSK-Vorsitzender und Siemens-Aufsichtsrats-Chef Karl-Hermann Baumann. "Es geht um einen fairen Interessenausgleich zwischen Anlegern, Emittenten und Wertpapierdienstleistern." Der Anleger soll möglichst von Beginn der Zeichnungsfrist an wissen, wie der Emittent vorgehen werde. "Es gibt zwar kein Recht auf Zuteilung, aber ein Recht auf Information."

Nach Ansicht von BAWe-Präsident Wittich kann diese Information dem Anleger nicht nur Enttäuschungen ersparen, "sondern auch verhindern, dass er unnötig Kapital vorhält". Es müsse auch sichergestellt sein, dass er bei der Zuteilung nicht schlechter gestellt werde als Mitarbeiter des Unternehmens oder von Banken. Gleichwohl haben die Grundsätze keinen eindeutigen juristisch einklagbaren Charakter. Baumann bezeichnet sie als Verhaltensempfehlung, BAWe-Präsident Wittich als Messlatte zur Konkretisierung der nicht genau gefassten Bestimmungen des Wertpapierhandelsgesetzes. Die Banken sollten sich nach Ansicht von Flach in einer Art Selbstverpflichtung zu diesen Grundsätzen bekennen. Im einzelnen ist dies allerdings noch nicht geschehen.

Wittich versicherte, dass sein Amt gemeinsam mit den Börsen die Einhaltung der Grundsätze sehr genau verfolgen und im Zweifelsfall Sonderprüfungen veranlassen werde. Möglich sei in letzter Konsequenz auch die Verhängung von Strafgeldern. In etwa einem Jahr werde das BAWe eine Bestandsaufnahme vorlegen. Allerdings will die Deutsche Börse künftig nur solche Unternehmen zulassen, die sich an die Grundsätze halten. Im Übrigen setzt man bei der BSK darauf, dass Emittenten und Wertpapierdienstleister aus eigenem Interesse Privatanleger transparent und fair über die Zuteilungsverfahren informiert. "Banken, die das nicht tun, werden vom Anleger bestraft", so Flach. Ein Gesetz hält die BSK wegen der Gefahr der Überregulierung für nicht sachgerecht.Ein Chat zum Thema unter:

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