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Wirtschaft: Aktionäre haben im europäischen Ausland weniger Rechte als daheim

Im Turiner Konferenzzentrum gleich neben den Autowerken warten rund 500 Aktionäre auf die Ankunft des Fiat-Vorstands. Darunter wollte eigentlich auch Klaus Malottke sein.

Im Turiner Konferenzzentrum gleich neben den Autowerken warten rund 500 Aktionäre auf die Ankunft des Fiat-Vorstands. Darunter wollte eigentlich auch Klaus Malottke sein. Der Landesgeschäftsführer Niedersachsen der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) reist regelmäßig nach Italien, um auf der Fiat-HV die Interessen mehrerer Tausend deutscher Aktionäre zu vertreten - bisher ohne Probleme. Doch in diesem Jahr machte ihm die Fiat-Verwaltung einen Strich durch die Rechnung: Er bräuchte eine notariell beglaubigte Unterschrift des Hauptgeschäftsführers und einen Auszug aus dem Vereinsregister - ebenfalls durch einen Notar bestätigt. Andernfalls könne er nicht an der Versammlung teilnehmen, ließen ihn die Italiener kurz vor dem HV-Termin wissen. "Technisch war es unmöglich, die Bedingungen rechtzeitig zu erfüllen", erzählt Malottke. Er war von der HV ausgeschlossen.Doch nicht nur in Italien haben deutsche Anleger und Aktionärsvertreter Schwierigkeiten, ihre Rechte wahrzunehmen. Nach Erhebungen der DSW sieht es auch in anderen Ländern alles andere als gut aus. Das beginnt schon mit dem Geschäftsbericht. In vielen Staaten kommt er erst zwei Wochen vor der Hauptversammlung heraus. Da können deutsche Anleger froh sein, wenn er sie noch vor dem HV-Termin erreicht. Eine weitere Hürde ist die Einladungsfrist. Sie beträgt in Dänemark und Luxemburg nur acht Tage. Allein die deutschen Banken brauchen jedoch zwei bis drei Wochen, um ihre Depotkunden zu informieren. Folge: Aktionäre, die sich allein auf ihre Bank verlassen, verpassen den HV-Termin. Ein einheitlicher Standard in Euroland ist derzeit nicht in Sicht. "In Italien ist die Frist erst jüngst auf 15 Tage verkürzt worden, damit die Unternehmen schneller auf aktuelle Ereignisse reagieren können" sagt Alberto Aghemo von der italienischen Börsenaufsicht Consob.Selbst wenn Aktionäre rechtzeitig vom Termin der Hauptversammlung erfahren, können ihnen die örtlichen Gesetze einen weiteren Streich spielen: Frankreich, Griechenland, Luxemburg, Italien und Spanien schreiben vor, daß die Aktionäre in der Hauptversammlung einen bestimmten Mindestanteil (Quorum) am Grundkapital repräsentieren müssen, damit sie beschlußfähig sind. Andernfalls muß eine neue HV einberufen werden - und die angereisten Aktionäre können sich wieder auf den Heimweg machen. In Italien fehlt häufig beim ersten Termin die vorgeschriebene Aktienanzahl. Viele Italiener gehen deshalb erst zum letzten Termin. Dort gibt es dann kein Quorum mehr. Was die Regelung für ausländische Aktionäre bedeutet, liegt auf der Hand: Die Quorum-Regelung macht es ihnen fast unmöglich, mitzubestimmen, denn sie wissen vorher nie, ob die HV überhaupt beschlußfähig ist.Da ist es dann geradezu fatal, wenn auch die Stimmrechtsvertretung Probleme bereitet. In Dänemark zum Beispiel kann die Satzung vorschreiben, daß der Vertreter selbst Aktionär sein muß. In Frankreich und Portugal ist die Vertretung ansonsten nur durch den Ehegatten möglich. Die italienischen Gesetze erlauben es dem Vertreter, lediglich für eine beschränkte Anzahl von Aktionären zu sprechen. Unternehmen in Luxemburg, Spanien und Portugal können außerdem in ihrer Satzung eine Mindestanzahl von Aktien für die Teilnahme an Hauptversammlungen vorschreiben. Das steht im krassen Gegensatz zur Forderung des DSW "one share - one vote", eine Aktie - eine Stimme. Dieses Recht wird auch in Irland und Großbritannien nicht automatisch eingeräumt. Wenn kein entsprechender Antrag vorliegt, wird per Handzeichen gewählt - getreu dem Motto "one head - one vote".Doch Italien und andere Länder schneiden in puncto Aktionärsrechte nicht immer schlechter ab als Deutschland. In Italien beispielsweise haben Aktionäre eine deutlich bessere Rechtsposition, wenn sie nach schweren Managementfehlern Schadenersatz haben wollen. Während in Deutschland nur die Gesellschaft selbst den ehemaligen oder amtierenden Vorstand gerichtlich belangen kann, bietet das Mittelmeerland auch dem einzelnen Aktionär diese Möglichkeit.

KATHARINA KORT, HB

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