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Albrecht Hornbach: "Angst ist für uns ein Fremdwort“

Albrecht Hornbach, Chef der gleichnamigen Baumärkte, über sichere Produkte, Frauen als Heimwerker und seine Pläne in Berlin.

Herr Hornbach, was ist eigentlich mit gefährlichem Werkzeug aus China?

Das ist natürlich ein Thema, aber kein wirkliches Problem. Doch unsere Aufmerksamkeit wächst. Wir müssen dafür sorgen, dass der Kunde das Vertrauen in unsere Produkte nicht verliert.

Mussten Sie schon Produkte zurückrufen?

Heutzutage gibt es kein Unternehmen, das noch keinen Rückruf hatte. Es gab Probleme bei Werkzeugen, mit Bohrmaschinen und mit Kettensägen. Aber: Wir haben ein Kernsortiment von 50 000 Artikeln, gemessen daran sind ernsthafte Qualitätsprobleme wirklich selten.

Und wie schützen Sie Ihre Kunden?

Wir haben keinen Moment gezögert, die Produkte zurückzuordern, und wir haben die Kunden per Zeitungsanzeige auf die Probleme aufmerksam gemacht. Inzwischen schicken wir eigene Leute nach China, um die Qualität der Produkte zu prüfen. Wir haben auch eine eigene Qualitätssicherungsabteilung im Haus.

Die Baumarktbranche liefert sich seit Monaten einen erbarmungslosen Preiskrieg. Macht Sie das nervös?

Wir machen das Theater nicht mit. Wir wollen die Preise nicht extra runtersetzen, bevor sie in den Prospekt kommen, um sie dann eine Woche später wieder hoch zu setzen, wie Praktiker, sondern wir lassen sie auf konstant niedrigem Niveau. Das ist natürlich nicht so spektakulär wie eine Rabattstrategie, aber ehrlich und nachvollziehbar für den Kunden.

Die Unternehmensberatung Ernst & Young prophezeit, dass von 14 deutschen Baumarktketten 2015 nur drei übrig bleiben. Sind Sie dabei?

Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Der Wettbewerb ist sehr hart, auch wenn ich die Zahlen bezweifle. Viele Konkurrenten haben kein anderes Instrument, als den Wettbewerb über den Preis auszutragen – das hilft aber alles nichts, wenn die Strategie und das Produkt nicht stimmen. Wir werden sicher nicht zu den Verlierern einer Bereinigung zählen.

In der Studie steht aber auch, dass die Baumärkte sich zum Verwechseln ähnlich sehen. Können Sie das nachvollziehen?

Wir haben unsere eigene Philosophie. Erstens: Wir propagieren Projekte für den leidenschaftlichen Heimwerker. Er findet bei uns alles und in ausreichender Menge. Zweitens: Wir bieten Beratung: In keinem anderen Baumarkt wird der Kunde besser beraten. Drittens: Wir liefern Größe: Unsere neuen Märkte haben 14 000 bis 15 000 Quadratmeter Fläche. Damit können wir den Kunden sogar einen Drive-in für Baustoffe anbieten.

Sie bieten Frauen an, in Kursen sägen und bohren zu lernen. Was bringt das ?

Frauen machen 43 Prozent der Kunden aus. Es gibt grundsätzlich zwei Ansätze, wie man Frauen an den Markt binden kann: entweder mit dem Schwerpunkt im dekorativen Bereich wie bei Obi und Toom. Oder durch die Ansprache als leidenschaftliche Heimwerker, die genauso tapezieren, bohren oder Fliesen legen können wie Männer. Das machen wir.

Trotz aller Bemühungen geht es der Branche mies. Der Umsatz pro Fläche ist drastisch gesunken. Wie geht es weiter?

Wir haben im ersten halben Jahr deutlich besser abgeschnitten als die Branche. Wir haben Umsatz auf vergleichbarer Fläche dazu gewonnen – obwohl der Mai zu nass war und darum die Käufer in den Gartencentern weggeblieben sind. Aber Praktiker hat drei Prozent verloren – obwohl er die Schlagzahl seiner Rabattaktionen erhöht hat.

Trotzdem hat Praktiker den Abstand zu Hornbach weiter ausgebaut – nicht zuletzt durch die Übernahme von Max Bahr. Hornbach ist in Deutschland von Rang drei auf Rang sechs zurückgefallen. Sind Sie nicht unter Zugzwang?

Solche Ranglisten interessieren uns nicht. Man muss schon genauer hinsehen: Wir sind nur im Vergleich des Gesamtumsatzes in Deutschland zurückgefallen, nicht jedoch in der europäischen Rangliste. Zudem haben wir aber den höchsten Flächenumsatz aller Betreiber. Ein Hornbach-Durchschnittsmarkt ist 11 000 Quadratmeter groß und erzielt einen Durchschnittsnettoumsatz von 1800 Euro im Jahr pro Quadratmeter, der Durchschnitt liegt bei 1500. Das zeigt, dass wir im einzelnen Markt wesentlich wirtschaftlicher arbeiten können als andere mit kleinen Märkten.

Also planen Sie keine Übernahmen?

Auch wir hätten Max Bahr kaufen können. Aber wir wollten es nicht. Wenn wir die Wahl haben zwischen organischem Wachstum und Wachstum durch Zukauf, werden wir uns immer für das organisches Wachstum entscheiden.

Haben Sie umgekehrt Angst davor, eines Tages selbst geschluckt zu werden?

Angst ist für uns ein Fremdwort. Wir wollen eigenständig bleiben. Dafür haben wir mit der Hornbach Familientreuhand GmbH auch die entsprechenden Strukturen geschaffen. Es gibt 35 Gesellschafter in dieser GmbH. Erst wenn eine sehr hohe Mehrheit dafür stimmt, dass die Eigenständigkeit aufgegeben wird, dann könnte das theoretisch passieren. Aber das ist extrem unwahrscheinlich.

Obi-Chef Giroldi sagt: Länger als 30 bis 60 Minuten wollen die Kunden nicht zum Baumarkt fahren. Er plant jetzt kleine Märkte in den Innenstädten. Machen Sie nicht einen Fehler mit Ihren Großmärkten ?

Ich habe noch keine Handlung von Herrn Giroldi gesehen, die seine These unterstützt. Es spielt keine Rolle, ob die Märkte auf der grünen Wiese oder in der Innenstadt sind, Hauptsache, Kunden können sie bequem erreichen. Das Konzept der Großfläche ist noch nicht ausgereizt. Es gibt noch viele weiße Flecken in Europa, auch in Deutschland.

Wo denn? Es gibt in Deutschland schon jetzt pro Kopf so viele Baumärkte wie in keinem anderen Land.

Deutschland ist der größte Markt in Europa. Für uns ist es unbefriedigend, dass wir in bestimmten Ballungszentren noch nicht ausreichend vertreten sind. In Potsdam und Kleinmachnow sind wir nicht zum Zuge gekommen. Und auch in Hamburg, Düsseldorf, München und im alten Westteil Berlins fehlt uns noch ein bisschen. Das wird aber noch kommen.

Wie viele Märkte wollen Sie eröffnen?

Insgesamt fünf in diesem Jahr, im nächsten und in den kommenden jeweils bis zu sieben. Das ist eine ganze Menge, bei Investitionskosten von 20 bis 30 Millionen Euro pro Markt. Aber auch im Ausland sehen wir noch Chancen. Der Umsatzanteil soll von derzeit 36 Prozent auf bald 40 Prozent steigen.

Merken Sie, dass die Leute wegen des Wirtschaftsaufschwungs mehr bauen?

Wir können noch nicht behaupten, dass der Aufschwung bei uns angekommen ist. Die Leute verdienen zwar nach den guten Tarifabschlüssen mehr, müssen aber auch mehr Steuern zahlen. Und wir laufen natürlich auch gegen ein starkes Vorjahr an, das wegen der Fußball- WM und vorgezogenen Käufen in Erwartung der Mehrwertsteuererhöhung außergewöhnlich gut war. Darum ist ziemlich sicher, dass wir das fantastische Vorjahresergebnis in diesem Jahr nicht erreichen werden.

Das Gespräch führte Maren Peters.

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