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Wirtschaft: Aldi startet Versuch mit Bio-Produkten

Discounter testen, ob die Kunden auch zu ökologisch erzeugten und teureren Lebensmitteln greifen

Berlin. Seit Mitte der vergangenen Woche bietet der Discounter Aldi seinen Kunden einen Bio-Käse an. Unter der Marke „Frankendammer“ hat die Kette einen Versuch gestartet, Bio-Produkte auch im Niedrigpreis-Segment zu verankern. Ob der Bio-Käse dauerhaft ins Sortiment aufgenommen wird, entscheidet sich allerdings erst in ein paar Monaten – wenn klar ist, ob Aldi-Kunden auch den teureren Käse kaufen.

Wie der Öko-Käse bei der Discount-Kundschaft ankommt, beobachtet man vor allem im fränkischen Dörfchen Wiesenfeld gespannt. Dort sitzen die Milchwerke Oberfranken West, die mit Aldi ins Geschäft gekommen sind. Und gern im Geschäft bleiben würden. Über Erfolg oder Misserfolg entscheidet der Umsatz – die Abstimmung findet an der Ladenkasse statt.

Wie diese ausgeht, ist offen. Denn für Aldi-Käufer ist das neue Bio-Produkt ungewohnt kostspielig. 1,79 Euro muss man für die 200 Gramm schwere Schnittkäse-Packung zahlen, damit liegt Aldi auf demselben Preisniveau wie Konkurrent Plus. Die Tengelmann-Tochter hat schon im Frühjahr Bio-Produkte in ihre Regale gestellt – darunter Öko-Emmentaler. Anders als Aldi hat sich Plus bereits entschieden und will das Öko-Angebot weiter ausbauen.

Dabei muten die Discounter ihren Kunden einiges zu. Denn preislich kann der Öko-Käse auch bei Plus mit konventioneller Ware nicht konkurrieren. Billig-Gouda aus normaler Milch gibt es dort nämlich bereits für 45 Cents pro 100 Gramm – die Hälfte dessen, was man für die Öko-Ware ausgeben muss. Der Grund: Auch die Discounter, die gewohnt sind, bei ihren Lieferanten die Preise zu drücken, müssen für Öko tiefer in die Tasche greifen. „Wir zahlen den Bauern dieselben Preise wie die Öko-Läden“, sagt Plus-Geschäftsführer Michael Hürter. Vielleicht sogar manchmal noch etwas mehr. Denn in der Öko-Supermarkt-Kette eo kann man 100 Gramm Öko-Gouda sogar schon für 79 Cents einkaufen.

Die neue Konkurrenz durch Aldi und Plus beunruhigt die Betreiber des Öko-Supermarkts nicht. Auch Thomas Dosch, Geschäftsführer des Öko-Verbandes Bioland, befürchtet keinen Verdrängungswettbewerb zwischen Discount-Ketten, Öko-Supermärkten und kleinen Bio-Läden. „Die Discounter erschließen neue Kunden“, glaubt Dosch. Das zeige sich daran, dass auch der klassische Naturkosthandel derzeit zulege.

Für die Bio-Bauern könnten sich die Discounter sogar als Segen erweisen. Noch gibt es Lieferengpässe bei bestimmten Produkten, vor allem beim Fleisch. In zwei Jahren dürfte die Sache anders aussehen. Denn viele Landwirte haben ihre Produktion im Zuge der Öko-Wende auf Bio umgestellt. Zwei Jahre lang müssen sie nach der EU-Bio-Verordnung produzieren, bevor sie ihre Waren offiziell als Bio-Produkte verkaufen dürfen. „In zwei Jahren werden wir einen Schub beim Öko-Angebot erleben“, prognostiziert Dosch. Dann dürften auch die Mengen auf dem Markt sein, die Discounter brauchen, wenn sie in großem Stil in das Bio-Geschäft einsteigen wollen. „Die Discount-Märkte benötigen enorme Mengen, damit sie nicht gleich ausverkauft sind“, sagt Marcus Girnau, Geschäftsführer des Bundesverbandes des deutschen Lebensmittelhandels.

Das heißt: Bevor ein Discounter Bio-Lebensmittel in sein Sortiment aufnimmt, muss er sehr genau prüfen, ob der Nachschub funktioniert und was in seinen Märkten geht. „Das ist eine erhebliche Hemmschwelle“, meint Handelsexperte Girnau. Wenn sich Ketten wie Aldi oder Plus aber entscheiden, Öko-Lebensmittel zu listen, sei das für die Bio-Branche ein großer Schritt nach vorn.

Im Süden Deutschlands testet Aldi schon seit längerem, wie die Kundschaft auf ökologisch erzeugte Lebensmittel reagiert. Im Angebot von Aldi-Süd sind Öko-Eier, -Müsli, -Wurst, -Milch sowie Obst und Gemüse. In einigen Filialen wird seit einiger Zeit sogar Öko-Tiefkühlgemüse angeboten. Aldi-Nord ist zurückhaltender. Den Öko-Käse aus Franken gibt es derzeit in rund 100 Filialen im Raum Berlin, Niedersachsen, Bremen und in den neuen Ländern. Heike Jahberg

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