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Wirtschaft: Alles Auslegungssache

Wie die Tarifparteien argumentieren

Arbeitsplätze

Für die IG Metall steht fest: Die 35Stunden-Woche schafft Arbeitsplätze. Dabei stützt sie sich auf Erfahrungen bei der Einführung der 35-Stunden im Westen, wo nach Gewerkschaftsangaben die Arbeitszeitverkürzung zu gut 50 Prozent beschäftigungswirksam wurde. Im Osten erwartet die IG Metall 15000 zusätzliche Arbeitsplätze. Nur die 38-Stunden-Woche schafft und sichert Arbeitsplätze, meinen die Arbeitgeber. 20000 Stellen würden abgebaut, sollten sich die Gewerkschaft durchsetzen können. Denn die Unternehmen könnten sich keine Neueinstellungen leisten.

Wirtschaftlichkeit

Die Effektivverdienste im Osten beziffert die IG Metall auf nur 65 bis 67 Prozent des Westniveaus. Die durchschnittliche Produktivität pro Arbeitsstunde liegt in der Metallbranche dagegen bei 73 Prozent – bei gleicher Betriebsgrößenstruktur wie im Westen würden die Ostunternehmen sogar auf 95 Prozent kommen. Die Lohnstückkosten liegen nach Gewerkschaftsangaben bei 94,5 Prozent des Westniveaus. Die IG Metall prognostiziert einen weiteren Rückgang. Sie möchte die Lohnkosten zwar unter Westniveau halten, will den Abstand aber reduzieren. Die 38-Stunden-Woche ist nach Ansicht der Arbeitgeber der letzte Standortvorteil der Industrie in den neuen Bundesländern. Die Arbeitszeitverkürzung um drei Stunden würde einer Lohnerhöhung um 8,6 Prozent entsprechen, was die Betriebe nicht verkraften können. Die Verbände wollen die Arbeitszeit erst dann kürzen, wenn die Produktivitätslücke geschlossen ist.

Gerechtigkeit

Für die IGMetall ist die Arbeitszeitverkürzung eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Denn bislang müssen die Beschäftigten im Osten durchschnittlich pro Jahr einen Monat mehr arbeiten als die West-Angestellten. „13 Jahre nach dem Ende der Teilung ist die Zeit für die 35-Stunden-Woche jetzt reif“, sagt die Gewerkschaft. „Gerecht ist, was Arbeit schafft und sichert“, sagen die Arbeitgeber. Die Arbeitszeitverkürzung bringe weder neue Arbeitsplätze, noch sei sie gerecht. In anderen Branchen werde zum Teil deutlich länger gearbeitet. Und auch die Metaller aus dem Ausland müssten länger ran als ihre deutschen Kollegen, argumentieren die Arbeitgeber.

Akzeptanz

83 Prozent der Beschäftigten, so die IG Metall, befürworten die Ost-West-Angleichung, 31 Prozent davon halten sie sogar für sehr wichtig. Auch die Urabstimmung der Metaller in Sachsen bestätigen dies: knapp 80 Prozent votierten für einen Streik. Mit ihrer Forderung, die 38-Stunden-Woche beizubehalten, sehen die Verbände nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch die Beschäftigten auf ihrer Seite. Sie führen eine Umfrage an, nach der für nicht einmal ein Drittel aller IG-Metall-Mitglieder eine Arbeitszeitverkürzung hohe Priorität hat. obu

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