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Wirtschaft: Alles gerecht

Die Wirtschaft hält mehr Umverteilung für unnötig.

Berlin - Die Gewerkschaften trommeln schon. „Umverteilen. Macht. Gerechtigkeit“ lautet der Titel eines Kongresses Ende kommender Woche in Berlin. Die ihrer Ansicht nach wachsende Ungerechtigkeit in Deutschland wollen Verdi, DGB und viele andere dabei anprangern. „Gigantischer privater Reichtum und wenige Superreiche auf der einen, dramatisch zunehmende Armut und leere öffentliche Kassen auf der anderen Seite – diese Wirklichkeit gefährdet unsere Gesellschaft“, werben sie für ihr Treffen. Im Vorfeld des Wahlkampfs wollen sie schon einmal Duftmarken setzen, für höhere Steuern und Mindestlöhne plädieren.

Darauf haben die Arbeitgeber bekanntlich keine Lust. Sie haben beim ihnen nahestehenden Institut der deutschen Wirtschaft (IW) eine Studie bestellt, die das Steuer- und Transfersystem der Bundesrepublik als gerecht beschreibt. Fazit: Die Behauptung, Einkommen und Vermögen seien hierzulande ungleich verteilt, seien „nicht haltbar“, sagte IW-Direktor Michael Hüther am Montag in Berlin.

So werde in Deutschland besonders viel Einkommen von oben nach unten umverteilt. Nur in fünf anderen EU-Ländern profitierten untere Einkommensgruppen in noch höherem Maße von Staatstransfers. Und je mehr Geld ein Haushalt zur Verfügung habe, desto höher sei seine Abgabenbelastung. Dies gelte jedoch nicht für die zehn Prozent der Bevölkerung mit den höchsten Einkommen, hier sinke die Abgabenbelastung. Generell gehe die Ungleichheit bei den Einkommen seit 2009 zurück – dies hatte auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung berechnet. Allerdings hatte sich die Schere zwischen Arm und Reich zuvor seit Ende der neunziger Jahre fast beständig weiter geöffnet.

Auch den Vorwurf, immer mehr Menschen könnten von ihrem Job nicht leben, hält das IW  für falsch. Seit 2007 stagniere der Niedriglohnsektor bei 22 Prozent der Beschäftigten. Auch gehe die Zahl der Vollzeitbeschäftigten zurück, die zusätzlich zum Lohn Arbeitslosengeld bezögen.

Einen allgemeinen Mindestlohn zur Bekämpfung von Armut hält das IW überdies für falsch. Ein Stundensatz von 8,50 Euro würde 18 Prozent der Beschäftigten treffen, ein hoher Wert im europäischen Vergleich. Ein Jobabbau sei „sehr wahrscheinlich“, urteilte Hüther. Dass dies bei vielen branchenspezifischen Mindestlöhnen nicht eingetreten sei, ließ er nicht gelten. Wer durch die Lohnuntergrenze arbeitslos geworden sei, habe sich Alternativen suchen können. „Das geht bei einem allgemeinen Mindestlohn nicht mehr“, sagte der IW-Chef. Carsten Brönstrup

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